Marktfähigkeit von erneuerbaren Energien

Die Marktfähigkeit von regenerativer Energie wird derzeit wieder verstärkt kontrovers diskutiert. Erneuerbare Energien zur Stromerzeugung werden seit dem Jahr 2000 durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) gefördert. In den Neunziger Jahren gab es mit dem Stromeinspeisegesetz bereits einen ähnlichen Fördermechanismus für regenerativen Strom.

Die EU hat die neue Elektrizitätsmarktrichtlinie verabschiedet und setzt damit der Förderung nach dem bisherigen EEG binnen der nächsten drei Jahre ein Ende. Als Fördermechanismen sind künftig nur noch CCfD (Carbon Contracts for Difference) und PPA zulässig. Wie das genau ausgestaltet wird, wird man wohl erst in der nächsten Legislaturperiode (des Bundestages) erfahren. CCfD bedeutet, dass immer dann, wenn der Marktpreis über dem vereinbarten Förderpreis liegt, der EE-Anlagenbetreiber diesen Mehrerlös an den Staat abgibt.

Förderung und Vermarktung von EE-Anlagen

Das ist bislang nicht so. Der EE-Anlagenbetreiber kann derzeit zwischen dem Verkauf zu Marktpreisen und der staatlich garantieren Preishöhe monatlich wechseln. Dadurch kann der EE-Anlagenbetreiber Mehrerlöse generieren, die in seiner ursprünglichen Investitionsrechnung gar nicht enthalten waren. Nur im Rahmen des Strompreisbremsengesetzes sind diese zeitweise extrem hohen Mehrerlöse zum Teil abgeschöpft worden.

Derzeit gibt es im EEG theoretisch drei Vergütungsmodelle:

  1. Die Inanspruchnahme der EEG-Vergütung
  2. Die Inanspruchnahme der Marktprämie
  3. Die sonstige Direktvermarktung

Nur Anlagen in der sonstigen Direktvermarktung nehmen keine Förderung in Anspruch. Die EEG-Vergütung war der Ausgangspunkt. Zu Beginn gab es feste Vergütungen nach Energieträgern und Anlagengrößen differenziert. Die Vergütungen wurden im Bereich der Solarenergie im Laufe der Jahre abgeschmolzen. Bei Wasserkraftwerken gab es teilweise sogar Erhöhungen, um den naturschutzgerechten Umbau (Fischtreppen etc.) zu ermöglichen. Von den rund 5.500 MW installierte Wasserkraftwerksleistung werden nur gut 1.500 MW nach dem EEG gefördert, die großen Anlagen sind seit jeher marktfähig.

Nach der Finanzkrise 2008 wurden auch die Fördersätze für Windkraft wieder angehoben. Die höchsten Vergütungen erhalten besondere Biomasseanlagen (Biogas). Ab 2017 werden für die meisten größeren EE-Anlagen die Fördersätze durch Ausschreibungen ermittelt. 2012 wurde das Marktprämienmodell eingeführt. Statt wie bis dahin durch die Übertragungsnetzbetreiber wird die Vermarktung an den Strombörsen seitdem wahlweise für Alt-Anlagen und verpflichtend für große Neuanlagen durch netzunabhängige Unternehmen, sogenannten Direktvermarktern, vorgenommen.

Flexibilitätsanreize

Der EE-Anlagenbetreiber erhält vom Direktvermarkter den Marktwert (am Spotmarkt) der eingespeisten Strommenge und vom Netzbetreiber die Marktprämie. Für die Marktprämie wird der monatliche Profilfaktor (Marktwertfaktor) im Durchschnitt über alle EEG-Anlagen des jeweiligen Energieträgers herangezogen. Liegt der Profilfaktor einer konkreten Anlage in genau gleicher Höhe, so steht der Betreiber wirtschaftlich wie mit der klassischen EEG-Vergütung da. Ist sein Profilfaktor höher, erzielt er mit der Direktvermarktung einen Vorteil.

Dadurch wird ein Anreiz geschaffen, die Anlage gemäß den Spotpreissignalen optimiert zu betreiben. Dies ist als großer Vorteil des Direktvermarktungsmodells gefeiert worden. Bei Biomasseanlagen ist mit der Flexibilitätsprämie noch ein weiterer Anreiz hinzugefügt worden. Tatsächlich sind Biomasseanlagen die einzigen (relevanten) EE-Anlagen, die überhaupt über Flexibilität verfügen. Windkraft- und PV-Anlagen können nur abgeschaltet bzw. in der Leistung reduziert werden, wenn die Spotpreise unter ihren Grenzkosten liegen, also i.d.R. unter Null.

Für Laufwasserkraftwerke gilt dies ebenso, die allermeisten der EEG-geförderten Wasserkraftwerke sind Laufwasserkraftwerke. Die wenigen Wasserkraftwerke mit einem Staubecken können grundsätzlich in anlagenspezifischen Grenzen gesteuert werden. Meist reicht die Speicherkapazität nur für wenige Tage, Saisonspeicher gibt es nur im Hochgebirge.

Die Profilfaktoren der EE-Einspeisung (Quelle: smard.de) geben Aufschluss darüber, ob das Direktvermarktungsmodell die gewünschte Flexibilität gebracht hat. Bei der Biomasse liegt der Profilfaktor 2024 nicht einmal bei 1,01, d.h. es findet praktisch keine Steuerung statt. Die Einspeisekurve ist flach, zwischen maximaler und minimaler Leistung beträgt die Differenz nicht einmal 5%. Bei Wasserkraft liegt der Profilfaktor immerhin bei 1,02. Allerdings sind hier auch die nicht EEG-förderfähigen Wasserkraftwerke, bei denen es häufiger Staubecken gibt, enthalten. Eine separate Zeitreihe nur der EEG-Wasserkraftwerke ist leider nicht verfügbar.

Das EEG sieht vor, dass bei negativen Spotpreisen keine EEG-Vergütung gezahlt wird. Diese Zeiträume verlängern zum Ausgleich die Gesamtförderungsdauer. Im EEG 2017 mussten sechs Stunden in Folge negative Preise vorliegen, im EEG 2021 nur noch vier Stunden und im EEG 2023 drei Stunden in 2024/2025, in 2026 zwei Stunden und in 2027 reicht bereits eine Stunde, um die Vergütung auszusetzen.

All das bewirkt aber nicht, dass tatsächlich Anlagen abgeschaltet werden. Wären alle Biomasseanlagen und Wasserkraftwerke 2024 bei negativen Preisen konsequent abgeschaltet worden, lägen die Profilfaktoren deutlich höher. Biomasseanlagenbetreiber würden dabei sogar noch die Brennstoffkosten sparen. Das Direktvermarktungskonzept ist gescheitert. Die starre Fahrweise kostet den Staat (der jetzt die EEG-Umlage zahlt) jährlich mehrere Hundert Millionen Euro, Tendenz stark steigend. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) wird trotzdem nicht müde zu betonen, welche Flexibilitätspotenziale in Biomasse und Wasserkraft stecken.

Verteilung auf die Vermarktungsarten

Bei Windenergie und Biomasse sind fast 100% der Anlagen im Marktprämienmodell oder der sonstigen Direktvermarktung, bei Wasserkraft sind es gut 80%. Bei der Solarenergie ist hingegen nur gut ein Drittel der installierten Leistung außerhalb der EEG-Vergütung. Hintergrund sind die vielen Kleinanlagen, bei denen der administrative Aufwand für das Marktprämienmodell nicht lohnt oder die gar nicht über eine Lastgangmessung verfügen.

In der sonstigen Direktvermarktung und damit marktfähig sind bei der Windenergie nur rund 20%. Sonstige Direktvermarktung bedeutet in den meisten Fällen PPA. Strom aus Biomasse und Solarenergie wird derzeit nur zu ca. 7% zu Marktpreisen verkauft, bei Wasserkraft sind es immerhin ca. 16%. Während der Gesamtanteil der Vermarktung außerhalb der EEG-Vergütung seit Jahren sehr langsam weitersteigt, hat der Anteil der Leistung in der sonstigen Direktvermarktung in den letzten Monaten sogar abgenommen. Hintergrund sind die immer weiter gesunkenen Preise am Spotmarkt; die Anlagenbetreiber optimieren zwischen den Vermarktungsformen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Spotpreise die Kosten aus dem Emissionshandel (EU-ETS1) beinhalten und deswegen viel höher sind als ohne diesen politischen Eingriff. Ohne Emissionshandel lägen die Spotpreise rund 30 €/MWh tiefer, so dass kaum noch eine EE-Anlage marktfähig wäre.

Umgekehrt würde ein deutlich höherer CO2-Preis zumindest neue Windkraft- und PV-Anlagen marktfähig machen. Bereits jetzt sind Wind und Sonne in vielen Teilen Europas marktfähig. Bei weiter steigendem CO2-Preis würden zunächst die EE-Anlagen an günstigen Standorten marktfähig – in Europa. Da die Standorte in Deutschland alles andere als gut sind, wird der CO2-Preis aber auch in den nächsten Zehn Jahren nicht so weit steigen. Das ist einer der unzähligen Schwächen im Konzept des europäischen Emissionshandels.

Die Darstellung der Anteile der Vermarktungsarten gibt Auskunft darüber, welches theoretische Angebotspotenzial noch an bestehenden EE-Anlagen für PPA besteht. Allerdings dürfte dieses Potenzial bei dem derzeitigen Strompreisniveau sehr viel kleiner sein.

Förderbedarf

Die Differenz zwischen den Förderpreisen im EEG und dem Marktwert der Einspeisemengen führt zu den Kosten der EEG-Umlage. Dieses Fördervolumen belief sich in der Spitze 2020 auf rund 30 Mrd. Euro. Seit Mitte 2022 sind diese Kosten nicht mehr von den Stromverbrauchern, sondern von den Steuerzahlern aufzubringen. Da sich u.a. aufgrund der gestiegenen CO2-Preise die Strompreise gegenüber 2020 drastisch erhöht haben, ist das Fördervolumen deutlich gefallen.

Die Übertragungsnetzbetreiber sind verpflichtet, jährlich das Fördervolumen abzuschätzen. Für 2024 sind gut Elf Milliarden Euro prognostiziert worden. Aus heutiger Sicht dürfte dieser Betrag deutlich zu niedrig sein. Das mittlere Spotpreisniveau liegt tiefer als noch im Herbst 2023 angenommen und die Profilfaktoren liegen ebenfalls viel tiefer als prognostiziert. Das spiegelt sich auch in den aktuellen Zahlungsübersichten der Übertragungsnetzbetreiber wider.

In den folgenden Jahren bis 2030 wird das Fördervolumen deutlich, möglicherweise auch wieder bis auf 30 Mrd. Euro ansteigen. Haupttreiber sind einerseits die massiv ansteigenden EEG-Mengen und andererseits die rapide fallenden Profilfaktoren. Auch hier sind die Daten in der Mittelfristprognose der Übertragungsnetzbetreiber bislang zu optimistisch angesetzt.

Es ist in den letzten Jahren immer wieder behauptet worden, die Kosten für die regenerative Stromerzeugung würden immer weiter sinken. Das war nie gut begründet und erweist sich seit wenigstens zwei Jahren als falsch, das Gegenteil ist der Fall.

Nachdem die letzte Regierung Merkel den Ausbau der regenerativen Energie weitgehend abgewürgt hat, ist es unter den Anbietern von Windkraft- und Solaranlagen sowie unter den potenziellen Betreibern dieser Anlagen zu einem intensiven Verdrängungs- und Preiswettbewerb gekommen. Man war bereit, bestehende Kapazitäten im Unternehmen für ein paar Deckungsbeiträge anzubieten. Dass diese Preise nicht kostendeckend waren, lässt sich in den wirtschaftlichen Ergebnissen der Unternehmen und den geringen Realisierungsraten von Projekten ablesen. Noch heute werden Projekte aus dieser Zeit gar nicht oder nur zähneknirschend umgesetzt.

Einige „Experten“ haben offensichtlich Preise und Kosten verwechselt und aus dem Preisverfall auf gesunkene Kosten der Hersteller geschlossen. Inzwischen sind die in den EEG-Ausschreibungen ermittelten Preise viel höher als noch vor einigen Jahren. Bei Windkraftanlagen wird das wohl auch noch lange so bleiben, bei Solarenergie vernebeln chinesische Dumpingpreise noch die wahren Kosten.

Verteilung der Förderung auf Energieträger

Während bei den Strommengen die Windkraft dominiert, zeigt sich bei den (spezifischen) Förderzahlungen ein ganz anderes Bild. Die Förderung ist die Zahlung an die Anlagenbetreiber abzüglich der Erlöse am Markt. Die Übertragungsnetzbetreiber haben Prognosen für diese Zahlen für 2024 veröffentlicht.

Für Windenergie an Land wurden im Saldo keine Förderzahlungen erwartet, für Wasserkraft wurde ein Erlösüberschuss prognostiziert. Bei Windenergie auf See wurden knapp 2 Mrd. € bzw. ca. 59 €/MWh Förderung prognostiziert. Die großen Kostenblöcke aber sind Solarenergie mit 6,3 Mrd. € und Biomasse mit 2,9 Mrd. Euro. Damit sind spezifische Förderungen von rund 85 €/MWh (PV) bzw. 77 €/MWh verbunden.

Da, wie schon gesagt, die Realität nicht den Prognosen gefolgt ist, dürften die tatsächlichen Zahlen jeweils höher sein, die Relationen bleiben aber in etwa gleich. Das Gros der Steuergelder fließt nicht an die Windkraftanlagenbetreiber, sondern an die Betreiber von Solaranlagen und Biomassekraftwerken. Das gilt spezifisch und absolut.

Obige Zahlen liefern mithilfe der bundeslandspezifischen Aufteilung der EE-Anlagen eine interessante Erkenntnis über die regionale Verteilung der Förderung. Bayern verfügt über 27,3% der installierten PV-Kapazität und 19% der installierten Biomassekraftwerke (Quelle: Bundesnetzagentur), dort leben aber nur 15,9% der Bevölkerung in Deutschland. Wird angenommen, dass sich die Förderungen entsprechend der Anlagenleistung verteilen, fallen 20,7 % der EEG-Förderung auf Bayern, das damit zu den großen Gewinnern des EEG gehört.

Fazit

Regenerative Stromerzeugung ist in Deutschland auf absehbare Zeit selbst unter Berücksichtigung der CO2-Preise nicht marktfähig. Es wird deswegen Zeit, die Kosteneffizienz auf dem Weg in die klimaneutrale Zukunft in den Blickpunkt zu rücken. Der aktuelle Förderungsdschungel ist dazu offenkundig nicht geeignet.

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