Energie-Bilanz der Ampel

Am Ende der Regierungszeit der Ampel ist es Zeit, die Ergebnisse ihrer Arbeit in energiepolitischer Sicht zusammen zu fassen und zu bewerten. Die Energiepolitik wurde maßgeblich von den Grünen, vertreten durch den Wirtschaftsminister, geprägt.

Ausgangslage

Die letzte Regierung Merkel hatte den Windkraftausbau vorsätzlich abgewürgt, den Rest hat die Klageindustrie (Deutsche Umwelthilfe etc.) besorgt. Es gab ein Gesetz, bis 2038 aus der Kohleverstromung auszusteigen, und der Ausstieg aus der Kernenergie war beschlossen, aber sechs Kernkraftwerke liefen noch (drei bis Ende 2021). Die Stromautobahnen sollten zu exorbitanten Kosten in die Erde gelegt werden. Es gab Eckpunkte für eine Wasserstoffstrategie. Die Umrüstung auf intelligente Zähler war erst verschlafen und dann unendlich kompliziert gemacht worden.

Über 50% der Erdgasimporte kamen aus Russland, in großen Teilen über die NorthStream 1, während NorthStream 2 kurz vor der Fertigstellung war, die Inbetriebnahmegenehmigung aber politisch verweigert wurde. Es gab keine LNG-Terminals in Deutschland. Ersatzkraftwerke für die Kohlekraftwerke waren nicht geplant. Elektroautos und Plug-in-Hybride wurden gefördert. Für Kraftstoffe und fossile Heizenergieträger gab es einen CO2-Preis im Brennstoffemissionshandelsgesetz. Außerdem gab es eine EEG-Umlage in der Größenordnung von 6 ct/kWh.

Was dann passiert ist

Im Februar 2022 hat Russland die Ukraine überfallen. Bereits im Vorfeld hatte Russland die Erdgaslieferungen nach Europa reduziert und über NorthStream 1 später eingestellt. Ende September 2022 wurden NorthStream 1 und 2 durch einen Sabotageakt zerstört. Bereits im Vorfeld des Krieges waren die Erdgaspreise in nie dagewesene Höhen gestiegen und hatten die Strompreise ebenfalls auf Rekordhöhen getrieben.

Die EU hat Sanktionen gegen Kohle, Öl und Erdgas aus Russland verhängt, was die die Preise für alle fossilen Energieträger in Europa weiter befeuert hat. Da gleichzeitig auch die CO2-Preise auf Rekordhöhe gestiegen sind, weite Teile der französischen Kernkraftwerke ausgefallen waren und 2022 sehr wenig Wind- und Wasserkraftstrom zur Verfügung standen, sind die Strompreise 2022 auf immer neue Rekordwerte gestiegen. EU und Bundesregierung haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die drohende Energieknappheit zu verhindern. Unter anderem wurde die Laufzeit der letzten drei Kernkraftwerke um rund drei Monate verlängert und Kohlekraftwerke reaktiviert. Uniper als größter Gasimporteuer musste verstaatlicht werden. Viele Strom- und Gaslieferanten haben ihren Geschäftsbetrieb eingestellt oder wurden insolvent. In Deutschland wurden schnell mehrere LNG-Terminals gebaut.

Die EEG-Umlage wurde zum 30.06.2022 abgeschafft, die Finanzierung der EEG-Förderung in den Bundeshaushalt übernommen. Nachdem der Wirtschaftsminister zunächst die Gaspreise durch eine Umlage noch weiter erhöhen wollte, beschloss die Regierung im Herbst mit Energiepreisbremsen Unternehmen und Haushalten finanziell unter die Arme zu greifen („Doppel-Wumms“). Das Ergebnis waren sehr komplizierte Regelungen. Teilweise wurden die Windfall-Profits von EE-Anlagenbetreibern abgeschöpft.

Am Ende hat die Energie gereicht, aber die volkswirtschaftlichen Kosten lagen bei mehreren Hundert Milliarden Euro. Auch der Bundeshaushalt wurde massiv in Mitleidenschaft gezogen.

Parallel hat die Regierung mit der Reform des EEG („Osterpaket“) den Ausbau der regenerativen Energien in Angriff genommen. Insbesondere wurden die rechtlichen Genehmigungshindernisse deutlich reduziert. Die Ausbauziele wurden massiv erhöht und noch stärker auf Technologien und Jahre heruntergebrochen. Dadurch sind die Ausschreibungsvolumina bei der Bundesnetzagentur deutlich erhöht worden. Die Bundesnetzagentur, inzwischen von einem grünen Parteipolitiker geführt, hat zudem die Höchstpreise bei den Ausschreibungen zum 01.01.2023 deutlich erhöht. Trotzdem hat es bei Onshore-Windkraft erst im vierten Quartal einen tatsächlichen Mengenzuwachs in der gewünschten Höhe bei den Angeboten gegeben. Der Solarstromzubau lief stärker als geplant.

Der Kohleausstieg wurde für die westdeutschen Kraftwerke auf 2030 vorgezogen. Im Frühjahr 2023 musste der Wirtschaftsminister seinen für Energie zuständigen Staatssekretär in den Ruhestand schicken, weil dieser sich als Experte für Vetternwirtschaft herausgestellt hatte. Das Jahr 2023 war durch politische Diskussionen um das „Heizungsgesetz“ geprägt. Der Wirtschaftsminister wollte die Bürger schnellstmöglich verpflichten, Wärmepumpen einzubauen und hat damit weite Teile der Bevölkerung gegen sich und den Klimaschutz aufgebracht. Am Ende wurde die Wärmepumpenpflicht etwas abgeschwächt.

Ende 2023 hat ein Bundesverfassungsgerichtsurteil der ungebremsten Schuldenaufnahme der Regierung ein Ende bereitet. In der Folge wurde die Förderung von Elektroautos gekürzt und der Zuschuss zum Stromnetzentgelt (für die Redispatch-Kosten) gestrichen. Der Absatz von Elektroautos brach daraufhin ein und die Strompreise stiegen kurzfristig, Vertrauen war zerstört, zumal noch im Sommer ein Industriestrompreis angekündigt worden war, aus dem dann aber nur eine Reduzierung der Stromsteuer für einige Unternehmen und eine Verlängerung der Strompreiskompensation wurde.

2023 sind die CO2-Emissionen in Deutschland gegenüber 2022 deutlich gesunken. Das ging maßgeblich auf einen starken Rückgang der Industrieproduktion und des industriellen Stromverbrauchs, einen deutlich veränderten Stromaustauschsaldo von Export auf Import, einen milden Winter, sehr viel Wind und erst zuletzt auf den Ausbau der regenerativen Energien zurück. Dieser Trend hat sich 2024 fortgesetzt.

Deutschland hat als erstes Land Klimaschutzverträge (CCFD=Carbon Contracts for Difference) mit Industrieunternehmen abgeschlossen. 2024 wurden die Planungen für das Wasserstoffkernnetz fertiggestellt. Eine Importstrategie für Wasserstoff wurde beschlossen und erste Projekte im Ausland angeschoben (z.B. in Namibia). Die genehmigungsrechtlichen Hürden für den Bau wasserstofftechnischer Anlagen und Batterien wurden reduziert.

Obwohl der Solarzubau sehr gut lief und das Problem der negativen Spotpreise bereit lange bekannt war, hat die Ampel im Frühjahr 2024 mit dem Solarpaket 2 den ungesteuerten Zubau weiter befeuert. Gegen den Widerstand von Umweltverbänden hat die Bundesregierung ein Gesetz beschlossen, das CCS/CCU in engem Rahmen ermöglichen soll. Das Gesetz ist aber nicht mehr verabschiedet worden. Der Kauf des Übertragungsnetzbetreibers TenneT durch den Bund ist gescheitert.

Die Bundesnetzagentur hat mit der Festlegung zu KANU 2.0 bereits die vorzeitige und schnellere Abschreibung der Erdgasnetze ermöglicht, wodurch die Kosten für Erdgas weiter steigen. Durch eine weitere Festlegung wurden die Netzkosten, die aus dem Ausbau der regenerativen Stromerzeugung resultieren teilweise unter den Netznutzern neu verteilt.

Während der gesamten Regierungszeit ist eine nie dagewesene Flut von neuen und fortlaufend geänderten Gesetzen, Verordnungen und Regelwerken für die Energiewirtschaft erlassen worden, deren Verarbeitung und Umsetzung enorme Personalressourcen verschlungen hat und für andauernde Unsicherheit sorgt. Beispiele sind die Etablierung von „Nutzen statt Abregeln“ (bislang ohne Teilnehmer) oder die Verpflichtung für alle Energieversorger, dynamische Stromtarife anzubieten. Alle Regelungen aufzuführen, würde den Rahmen hier sprengen.

Lobenswert

Die Ampel hat den Windkraftausbau wiederbelebt und Blockaden abgebaut. Ihr größter Verdienst besteht darin, den Klimaschutz politisch so tief verankert zu haben, dass alle ernstzunehmenden Parteien sich heute zu ihm bekennen. Darüber hinaus sind viele Themenfelder angeschoben worden.

Ohne Bewertung

Der Kampf gegen die Gasknappheit entzieht sich einer Bewertung. Vieles hätte man wohl besser machen können, aber hinterher ist man immer schlauer. Ob der Stromnetzausbau nun wirklich schneller geht, lässt sich noch nicht sagen. Die Stromautobahnen in die Erde zu legen, wäre vielleicht besser sofort gestoppt worden. Ob 16 bis 20 Mrd. € höhere Kosten die schnellere Fertigstellung rechtfertigen, ist zumindest zweifelhaft.

Tadelnswert

Die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke war ökonomisch und ökologisch ein schwerer Fehler. Der Ausbau der regenerativen Energie erfolgt wie vor gut 20 Jahren ohne Rücksicht auf Kosten, Standorte, zeitliches Erzeugungsprofil, Netzkosten und ungesteuert. Auch Batterien („Heimspeicher“) laufen weitgehend ungesteuert. Balkonkraftwerke sind der Höhepunkt dieses Wildwuchses. Negative Strompreise, steigende Kosten für die EE-Förderung und große netztechnische Probleme sind die Folge.

Während vor 20 Jahren die Beschränkung auf den EE-Zubau noch legitim war, wären jetzt von Anfang an eine kosteneffiziente Standortallokation und ein durch Marktmechanismen abgestimmter Mix aus den verschiedenen Technologien, Netzen, Speichern und gesteuerten Anwendungen notwendig gewesen. Stattdessen sind die Strommarktreform viel zu spät angeschoben und die Netzentgeltreform gar nicht gekommen. Der Ausbau der intelligenten Zähler klemmt immer noch. Die steigenden Stromnetzkosten sind in allen bisherigen Betrachtungen unberücksichtigt geblieben. Die Ampel hat an der exorbitant teuren Erdverkabelung der Stromautobahnen auch für neue Projekte festgehalten.

Der Wärmepumpenabsatz ist ebenso wie der E-Auto-Absatz weit hinter den Zielen zurück; die Akzeptanz in der Bevölkerung am Tiefpunkt. Der Aufbau einer Batterieproduktion in Deutschland ist bislang fehlgeschlagen. Batterien, Solarmodule, demnächst auch E-Autos und Windkraftanlagen kommen aus China und sorgen keineswegs für einen wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland.

Der Wasserstoffhochlauf hat noch nicht begonnen, weil die Definition von grünem Wasserstoff viel zu eng ist und Wasserstoff in der herrschenden Dogmatik im Energiemarkt nur eine Nischenrolle spielen darf. Dementsprechend sind die Ziele der Bundesregierung von 10 GW Elektrolysekapazität bis 2030 in weiter Ferne.

Bei den Gaslieferungen sind wir jetzt statt von Putins und Selenskys Gnaden von Trump und Qatar abhängig, anstatt eigene Vorkommen zu erschließen. Die Gasmangellage ist bis heute nicht aufgehoben. Die Ausgaben für den Klimaschutz haben ein solches Ausmaß erreicht, dass für existenzielle, staatliche Aufgaben wie Sicherheit, Infrastruktur, Gesundheit und Bildung kein Geld mehr da ist.

Der größte Vorwurf, den man der Ampel, insbesondere dem Wirtschaftsminister, machen muss, ist, dass er die noch vor einigen Jahren positive Haltung weiter Teile der Bevölkerung gegenüber dem Klimaschutz schwer beschädigt hat. Dazu haben die Kostenexplosion, der Vertrauensbruch beim Klimageld, das „Heizungsgesetz“ und viele andere Punkte beigetragen. Vor allem hat die Wirtschaft das Vertrauen verloren und ist im Abwanderungsmodus. Zwei Jahre Rezession hintereinander sind unumstößliche Fakten. Wie kann man da den Wirtschaftsminister aus der Verantwortung entlassen?

Klimaschutz kostet. Kein Klimaschutz kostet mehr. Wenn Deutschland und die EU für Klimaschutz zahlen, die anderen aber nicht, zahlen wir zweimal. Was hat die Regierung unternommen, um den Gleichschritt beim Klimaschutz mit Staaten wie den USA, China, Russland, Japan oder Saudi Arabien sicherzustellen?

Klimaschutz und regenerative Energien sind unverzichtbar. Zum Wollen muss sich aber auch das Können gesellen. Maß und Mitte sind bewährte Prinzipien, ideologische Radikalität kann Sachverstand nicht ersetzen.

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