Für Unternehmen gibt es seit einigen Jahren drei Basisvarianten von Strombeschaffungsmodellen, den Festpreis, das Chargenmodell (auch Tranchenmodell genannt) und die Strukturierte Beschaffung. Bei allen Modellen werden Netzentgelte und Abgaben als durchlaufender Posten behandelt. Nur bei Gewerbetarifen (<100.000 kWh) gibt es noch integrierte Preise aus Energielieferung und Netzentgelten, wobei auch hier teilweise Anpassungsklauseln vorgesehen sind. Was sind die Vor- und Nachteile der einzelnen Strombeschaffungsmodelle?
Festpreis
Der Festpreis ist für die meisten Kunden immer noch das liebste Kind, weil er ganz einfach zu verstehen und zu handhaben ist. Der Lieferant nennt einen Preis für den Lieferzeitraum, der wird akzeptiert, der Kunde weiß, womit er rechnen kann. Oder eben auch nicht.
Einerseits wird nur der Preis für die Energielieferung fixiert, während Netzentgelte, Umlagen, Abgaben etc. offen bleiben, andererseits wird häufig übersehen, dass es inzwischen hinsichtlich der Liefermenge oder des Lieferprofils Restriktionen im Liefervertrag (ggfs. in den kleingedruckten AGB gibt). Für diese Restriktionen gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte. Im einfachsten Fall wird eine Jahresmenge definiert, die nur um ein sogenanntes Toleranzband von z.B. +/-10% schwanken darf. Außerhalb des Toleranzbandes gibt es zum Teil hohe oder nicht einmal definierte Pönalen.
Insbesondere im Zusammenspiel mit Eigenerzeugungsanlagen (BHKW, PV-Anlagen etc.) sind häufig Vorbehalte im Vertrag. Wie alle Stromverbraucher im Dezember 2023 leidvoll erfahren haben, stehen Netzentgelte und Umlagen unter Umständen erst kurz vor Beginn des Lieferjahres fest. Selbst dann existiert aber noch keine Planungssicherheit, weil einige Kostenpositionen an Bedingungen geknüpft sind oder der Kunde am Ende eine ungeplante Leistungsspitze in Anspruch nimmt.
Mit einem Festpreis bei variabler Menge und variablem Lieferprofil übernimmt der Lieferant ein erhebliches Risiko, weshalb er eine Risikoprämie in den Preis einkalkuliert. Früher sind viele Stromlieferanten davon ausgegangen, dass sich Änderungen bei Mengen und Lieferprofilen der einzelnen Kunden (weitgehend) ausgleichen. Das hat sich schon mehrfach als Irrtum herausgestellt (Finanzkrise 2008/2009, Corona etc.) Da die Strompreise immer volatiler werden, steigen die Risikoprämien.
Der Festpreis birgt zudem das Risiko, zu einem sehr teuren Zeitpunkt Preis und Vertrag abzuschließen. Ein Festpreis setzt keine Anreize für Lastflexibilität und marktangepasstes Verhalten, was in ein durch erneuerbare Energie geprägtes System nicht passt. Festpreise sind deswegen nur noch für kleine Verbräuche von einigen 100 MWh zu empfehlen.
Chargenmodell (Tranchenmodell)
Ein Chargenmodell ist ein Festpreismodell, in dem der Preis nach einer definierten Formel indexiert wird. Dadurch werden die Einkaufszeitpunkte verteilt und das Risiko, genau zum falschen Zeitpunkt abzuschließen, reduziert. Üblich ist eine Formel bei der – abhängig vom Lastgang – ein Teil an die Terminpreise für Base und ein Teil an die Terminpreise für Peak gekoppelt wird. Dies kann auf Basis von Lieferjahren oder Quartalen erfolgen. Die Terminpreise können die Schlusskurse (Settlement-Preise) der Strombörse sein.
Für die Festlegung der Einkaufzeitpunkte und deren mögliche Anzahl gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten, abhängig vom Lieferanten. Von Automatismen bis zu einer individuellen Freigabe durch den Kunden ist vieles möglich.
Das Chargenmodell ist weit verbreitet. Vorteil ist die Planbarkeit für den Kunden. Nachteil ist, dass auch hier die Kalkulation nur aufgeht, wenn sich Liefermenge und -profil nicht ändern, d.h. Lastflexibilität wird nicht honoriert, Eigenerzeugung und PPA passen nicht in das System.
Strukturierte Beschaffung
Strukturierte Beschaffung ist die Beschaffung von Standardterminprodukten und PPA bei Deckung des verbleibenden Bedarfs am Spotmarkt. Dieser Bedarf kann auch negativ sein, am Terminmarkt beschaffte Mengen, die nicht benötigt werden, werden am Spotmarkt zurückverkauft. Ein sogenannter Spotvertrag ist ein Spezialfall der strukturierten Beschaffung ohne Terminmengen und PPA.
Die strukturierte Beschaffung hat folgende Vorteile:
- Lastflexibilität wird direkt zu 100% honoriert
- die Einbindung von Eigenerzeugung und Speichern ist direkt möglich
- es gibt keine Mengen- oder Lieferprofilrestriktionen
- der Kunde kann vom im Mittel günstigeren Spotmarkt profitieren
- die Planungssicherheit ist über die Terminprodukte steuerbar
- es entfallen große Teile der Risikoprämien des Lieferanten
- die Einkaufszeitpunkte können gestreut werden
- das Ausgleichsenergierisiko kann vom Kunden übernommen werden
- Preistransparenz (Rohmarge des Lieferanten ist separat)
Nachteil des Modells ist seine Komplexität, weshalb viele Kunden und Lieferanten in der Vergangenheit hiervon Abstand genommen haben. Wer Experten an seiner Seite hat, kann sich entspannt zurücklehnen. Der Abwicklungsaufwand ist höher als beim Festpreis, was sich nur bei höheren Verbräuchen lohnt. Abhilfe schafft hier der reine Spotvertrag.
Die Zukunft für größere Verbräuche gehört allein der strukturierten Beschaffung. Es gibt jedoch in den Details des Konzepts zahlreiche Unterschiede hinsichtlich
- mögliche Terminprodukte
- minimale Terminmenge je Einkaufszeitpunkt
- Festlegung der Portfolios aus Terminmengen
- Festlegung der Einkaufszeitpunkte
- Referenzpreis für Terminprodukte
- Referenzpreis für Spotmengen
- Umgang mit Ausgleichsenergie
- Möglichkeit von Limit Orders etc.
Vergleich der Strombeschaffungsmodelle für Unternehmen
Unternehmen wollen günstigen Strom, aber sie wollen auch Planungssicherheit. Planungssicherheit kostet Geld, in Zukunft viel mehr als heute. Irgendjemand muss das Preisrisiko übernehmen. Es besteht somit ein Zielkonflikt, für den es keine allgemeingültige Lösung gibt, sondern nur unternehmensindividuelle. Die nachfolgende Darstellung ordnet die Strombeschaffungsmodelle hinsichtlich Kosteneffizienz und Planungssicherheit.
Bei strukturierter Strombeschaffung und bei Chargenmodellen besteht die Kunst darin, die Einkaufszeitpunkte so zu wählen, dass der Durchschnittspreis aus den einzelnen Chargen unter dem Benchmark (dem Mittelwert der Preise in dem Handelszeitraum) liegt. Da helfen wir Ihnen gerne.