Die Entwicklung der Erdgaspreise im Großhandel ist für die Erdgasbeschaffung und für die Strombeschaffung wichtig. Nach den Turbulenzen der vergangenen Jahre hat sich der Gasmarkt deutlich beruhigt. Spätestens, seit der Fluss von russischem Gas durch Pipelines in die EU weitgehend zum Erliegen gekommen ist, sind die Großhandelspreise für Erdgas an den Weltmarkt gekoppelt. Damit bestimmen nicht mehr die Angebots-/Nachfragesituation in Europa allein das Preisniveau, sondern auch die Verhältnisse im Rest der Welt.
Produktion und Verbrauch
Die USA sind inzwischen zum mit Abstand größten Erdgasproduzenten vor Russland aufgestiegen; beide zusammen verfügen über mehr als 50% der Weltproduktion. Es folgen Iran, China, Kanada, Katar und Australien. Die LNG-Produktion hat sich weltweit in den letzten 20 Jahren verdreifacht.
Beim Erdgasverbrauch sind Reihenfolge und Größenverhältnisse ähnlich. Die größten Verbraucher ohne nennenswerte Produktion sind Japan und Deutschland. Bei den Exporten liegt Russland noch vor Norwegen und den USA; zusammen stehen sie für mehr als 50% der Exporte. Die größten Importeure sind China, Japan und Deutschland.
Weltweiter Handel mit Erdgas
Werden statt der gesamten Exporte und Importe nur die LNG-Geschäfte betrachtet, ergibt sich ein anderes Bild. In Europa ist Frankreich der größte LNG-Importeur, während Deutschland nur wenig LNG (direkt) importiert.
Es gibt grob drei regionale Märkte: den amerikanischen Markt, wo der Referenzpreis am Henry Hub (Lousiana) maßgeblich ist und die Preise regelmäßig unter denen in den beiden anderen Märkten, Europa und Asien liegen. Für Europa ist der sogenannte TTF-Preis in den Niederlanden die wichtigste Referenz, für Asien gibt es den JKM (Japan-Korea-Marker).
Viele Gaslieferungen sind langfristig vertraglich fixiert. Es verbleibt aber eine Spotmenge, die grundsätzlich nach Asien oder Europa verkauft werden kann, worüber das jeweils aktuelle Preisniveau an den genannten Handelspunkten entscheidet. Für den Export stehen rund 500 LNG-Tanker mit durchschnittlichen Kapazitäten von 0,7 bis 1,5 TWh zur Verfügung. Bei Schiffen aus Qatar entscheidet sich erst kurzfristig, welchen Kurs sie nehmen.
Der Bedarf an Erdgas in Asien steigt im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung in China sowie aufgrund von Dekarbonisierungsbemühungen durch den Ersatz von Kohle durch Erdgas. Starkes und unerwartetes Wirtschaftswachstum, kalte Winter im Norden und zum Teil heiße Sommer im Süden (Klimatisierung) in Asien haben somit auch Auswirkungen auf das Preisniveau in Europa. Ein kalter Winter in Asien und Europa gleichzeitig ist ein Risiko.
Erdgas in der EU
Die Importstruktur der EU ist inzwischen gut diversifiziert. Größter Einzelimporteur ist Norwegen gefolgt von den USA. Rund 9% kommen noch aus Russland für einige Osteuropäische Länder, wo es aktuell noch keine logistischen Alternativen gibt. Hieran wird gearbeitet, so dass auch der völlige Wegfall der russischen Lieferungen nur einen begrenzten Einfluss auf die Entwicklung der Erdgaspeise im Großhandel hätte. Nur ein kleiner Teil des Erdgasverbrauchs in der EU wird aus eigener Produktion gedeckt. Das Ferngasnetz ist beim europäischen Verband der Ferngasnetzbetreiber ENTSOG dargestellt. Bemerkenswert ist, dass Deutschland sein Erdgas bislang aus Nordosten (NorthStream) und Südosten (Übergangspunkt Waidhaus in Bayern) erhalten hat und nun mit dem gleichen Netz fast alles aus Nordwesten kommt.
Bei den LNG-Importkapazitäten weisen Spanien und Frankreich die größten Potenziale auf. Deutschland ist immer noch von untergeordneter Bedeutung, was die geringen LNG-Direktimporte von nur ca. 70 TWh (das meiste über Wilhelmshaven) erklärt. Das meiste LNG für Deutschland wird in den Niederlanden (ggfs. auch Belgien oder Nordfrankreich) angelandet und per Pipeline weiter transportiert, zum Teil auch in andere Länder durchgeleitet. Zu Beginn des russischen Angriffs war Deutschland praktisch das einzige Küstenland ohne LNG-Terminal. Einen detaillierten Bericht zum LNG-Handel hat der Verband der europäischen Regulierungsbehörden ACER zur Verfügung gestellt. Die Pipeline-Importkapazitäten aus Norwegen betragen 3.644 GWh/d.
Bei den Gasspeichern hat Deutschland das größte Potenzial in Europa gefolgt von Italien. Die meisten Gasspeicher sind ausgeschöpfte Gasvorkommen.
Erdgas in Deutschland
Der Erdgasverbrauch in Deutschland beläuft sich auf über 800 TWh, wovon rund ein Drittel auf private Haushalte und ein Drittel auf die Industrie entfallen. Die öffentliche Stromerzeugung steht nur für ca. 13% des Verbrauchs, allerdings ist hierin die Eigenerzeugung von Strom nicht enthalten. Die heimische Förderung ist mit 38 TWh inzwischen bedeutungslos, weil die Felder weitgehend erschöpft sind.
Die Entwicklung der Erdgaspreise im Großhandel bewegt sich wieder in der üblichen Schwankungsbreite des Marktes, allerdings auf etwas höherem Niveau. Das Studium des Zahlenwerks legt nahe, die Gasmangellage aufzuheben. Auch die Notwendigkeit des LNG-Terminals in Mukran (Rügen) erschließt sich nicht. Die berühmten Restrisiken gibt es immer: sehr kalter Winter in Asien und Europa gleichzeitig, Sabotage an mehreren norwegischen Pipelines oder Trump, der die Gasexporte stoppt, um seinen Willen zu bekommen.
Die amerikanische Gasindustrie kann derzeit vor Kraft kaum laufen. Wer glaubt, dass angesichts der Bestrebungen nach Klimaneutralität für Erdgas bald kein Platz mehr ist, hat die Rechnung ohne den türkisen Wasserstoff gemacht. Die Pyrolyse von Methan mit anschließender Deponierung des festen Kohlenstoffs ist ein Baustein für die klimaneutrale Energiezukunft. Das sieht auch Bill Gates so. Nur im ideologisch verbohrten Deutschland/Europa wird Klimaschutz auf erneuerbare Energien und Strom reduziert.