Unter dem Titel Nutzen statt Abregeln (NsA) findet sich seit Ende 2023 eine neue Regelung im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG § 13k). Ziel der Bestimmung ist es, die Abregelung von EE-Strom aufgrund von Netzengpässen zu reduzieren. Abregelungen von EE-Anlagen aufgrund von Überschüssen am Markt (geplante Erzeugung größer als geplanter Verbrauch) und dadurch möglicherweise negativer Spotpreise sind hier nicht adressiert.
Derzeit werden diese Strommengen über PPA, Netzbetreiber oder Direktvermarkter vermarktet, zu großen Teilen am Day ahead-Spotmarkt oder Intradaymarkt. Auf diesen Märkten finden Engpässe im Stromnetz keine Berücksichtigung. Erst in nachgelagerten Prozessen, die als Redispatch bezeichnet werden, greifen Netzbetreiber ein und regeln die EE-Anlagen (und ggfs. andere) ab. Den wirtschaftlichen Schaden, den die Anlagenbetreiber davon haben, müssen die Netzbetreiber ausgleichen. Die resultierenden Kosten werden über die Netzentgelte auf die Netznutzer umgelegt.
Künftig, konkret ab 01.10.2024, sollen die voraussichtlich abzuregelnden EE-Mengen identifiziert und solchen Nutzern zur Verfügung gestellt werden, die zusätzlichen Stromverbrauch ermöglichen können (Entlastungsanlagen). Diese Nutzer werden berechtigte Teilnehmer genannt und werden von den Netzbetreibern zuvor im Rahmen einer Präqualifikation, die in den Abschluss eines Rahmenvertrages mündet, ermittelt. Die Aggregation von Nutzern ist zulässig. Zuvor müssen die geografischen Entlastungsregionen ermittelt und definiert werden. Diese dürften dynamisch sein. Auch Entlastungsanlagen mit eigener Direktleitung zu einer EE-Anlage können von der Regelung profitieren.
Was genau „zusätzlicher Stromverbrauch“ ist, soll die Bundesnetzagentur bis zum 01.07.2024 festgelegt haben. Eine entsprechende Konsultation dürfte in Kürze erfolgen. Infrage kommen Strommengen für Wasserelektrolyse oder Energiespeicher (Batterien, Pumpspeicher etc.). Es ist klar, dass die Abgrenzung zum „sowieso Stromverbrauch“ schwierig und missbrauchsanfällig ist. Fest steht bereits, dass es sich um viertelstundenscharf gemessene, separate Entnahmestellen handeln muss. Sollte der zusätzliche Stromverbrauch dann doch nicht erfolgen, werden Strafzahlungen vorgesehen.
Die Regelung sieht vor, dass die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) vor der Day ahead-Spotmarktauktion die Mengen in den jeweiligen Entlastungsregionen ermitteln und ausschreiben. Für die ersten zwei Jahre (Okt. 2024 bis Sep. 2026) wird es ein vereinfachtes, pauschales Zuteilungsverfahren geben. Es ist ein automatisierter Kommunikationsprozess zwischen ÜNB und berechtigten Teilnehmern bzw. Entlastungsanlagen notwendig, um täglich die Zuteilung vorzunehmen. Die tatsächliche Beschaffung der zusätzlichen Menge erfolgt durch den berechtigten Teilnehmer selbst, der Verbrauch muss nachgewiesen werden. Ein entsprechendes Umsetzungskonzept müssen die ÜNB bis 01.04.2024 vorlegen; eine Befragung von Marktteilnehmern hat bereits stattgefunden.
Ab 01.04.2025 können auch Verteilnetzbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen einen entsprechenden Mechanismus etablieren. Zum 01.07.2028 soll es dann einen ersten Erfahrungsbericht mit NsA geben. Zunächst aber muss das Konzept stehen, und die vielen offenen Fragen müssen beantwortet werden (Rückwirkungen auf Redispatch-Prozesse, Umgang mit Netzentgelten, Herkunftsnachweise etc.).
Nach vorläufiger Bewertung handelt es sich hier um ein weiteres Bürokratiemonstrum, das sehr kleinteilig und mit hohem Aufwand ein paar grüne Kilowattstunden vor dem Untergang rettet. Es ist nicht erkennbar, wie bei Energiespeichern und Elektrolyseanlagen, die standardmäßig marktorientiert betrieben werden, die zusätzliche von der sowieso Strommenge getrennt werden soll. Denkbar ist der Einsatz von Strom zur Wärmeerzeugung anstelle fossiler Energieträger. Dazu müsste der Strom aber sehr billig sein, weil schon die Stromnetzentgelte in vielen Fällen teurer sind als Gasbezug. Andere Zusatzverbräuche sind in großem Maßstab schwer vorstellbar.
In den meisten Anwendungsfällen dürften zeitgleich zum Abregelungsbedarf wegen der hohen EE-Mengen sehr niedrige Spotpreise herrschen. Dadurch besteht ohnehin ein „Anreiz“ zum Stromverbrauch. Die ÜNB müssten den berechtigten Teilnehmern einen zusätzlichen Anreiz bieten. Der Spielraum dafür ist in diesen Situationen für viele EE-Anlagen aber sehr gering, denn es muss ja ein Kostenvorteil gegenüber der klassischen Redispatch-Maßnahme entstehen.