Der Wind weht nicht immer gleich. Mal ist Flaute, mal Sturm und meistens irgendetwas dazwischen. Hinzu kommt, dass die Windstromerzeugung mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit zunimmt. Schon kleine Änderungen der Windgeschwindigkeit wirken sich somit in deutlichen Änderungen der Erzeugungsleistung aus. Für das Verständnis von Windstromlieferprofilen und den resultierenden Bedarfen an kurzfristiger und langfristiger Energiespeicherung ist es wichtig, den zeitlichen Charakter der Windstromerzeugung zu kennen.
Hierbei ist zwischen dem kurzfristigen Verlauf, dem saisonalen Verlauf und den Schwankungen über mehrere Jahre zu unterscheiden.
Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch die Windstromeinspeisung (ohne Offshore) in Deutschland in der zweiten Januarhälfte 2023 (Quelle: smard.de). Die Windspitzen am 14.01. und 15.01. (Wochenende) von 45.000 MW liegen deutlich unterhalb der installierten Leistung von über 58.000 MW. Nicht an jedem Standort weht zeitgleich so viel Wind, dass die Einspeiseleistung auf die installierte Leistung steigt. Hinzu kommen geplante und ungeplante Ausfälle von Anlagen und Abregelungen durch die Netzbetreiber oder Vermarkter wegen negativer Spotpreise.
Am 20.01. war die Leistung zeitweise unter 2.000 MW, also nicht einmal 5% der installierten Anlagenleistung. In der ersten Woche sind 4.380 GWh eingespeist worden, in der zweiten nur 914 GWh, also nur rund 20% der Menge aus der ersten Woche. Wichtig ist die Erkenntnis, dass sich niedrige und hohe Einspeisungen nicht innerhalb von 24 oder 48 Stunden ausgleichen, sondern nur über deutlich längere Zeiträume.
Daraus folgt, dass die Möglichkeiten, Schwankungen durch Lastverschiebung (also die Wärmepumpe einfach mal ein paar Stunden ausmachen) auszugleichen, sehr begrenzt sind. Es geht nicht um die Überbrückung von ein paar Stunden, sondern um viele Tage, sogar Wochen, selbst wenn der saisonale Effekt außen vor bleibt. Batteriespeicher sind nur für wenige Stunden Stromlieferung geeignet.
Ein Blick auf die Monate zeigt gleichfalls große Schwankungen. Im Mittel nehmen die relativen Monatsstrommengen bezogen auf die jeweilige Jahresmenge zum Sommer hin ab. Im Juni sind die mittleren Mengen nicht einmal halb so hoch wie im Dezember, wie folgende Darstellung zeigt:
Gleichzeitig kann die Windstrommenge in einem Monat vom langjährigen Mittel (2015 bis 2023) größenordnungsmäßig um bis zu +/-50% abweichen. Von den für 2030 im EEG geplanten 27 TWh im Januar (225 TWh * 12%) können auch nur 13 TWh kommen.
Bleibt die Hoffnung, dass sich die Schwankungen wenigstens im Jahresverlauf ausgleichen. Um das zu ermitteln, muss zunächst eine Kenngröße definiert werden. Da die installierte Windkraftleistung von Jahr zu Jahr zunimmt, ist die Erzeugungsmenge nicht geeignet. Aufgrund der nichtlinearen Abhängigkeit der Windleistung von der Windgeschwindigkeit scheidet auch ein diesbezüglicher, meteorologischer Mittelwert aus. Stattdessen wird der Jahresertrag auf die im Mittel des Jahres installierte Leistung bezogen.
Das Ergebnis ist die in der Stromwirtschaft weit verbreitete Volllaststundenzahl. Diese lag im Zeitraum 2015 bis 2023 zwischen 1.500 und 2.000 h/a. Da neue Windkraftanlagen höhere Volllaststundenzahlen aufweisen, ist diese Methode allerdings für sehr lange Zeiträume ungenau. Wird der höchste Wert (2023) als maximale Ausbeute von 100% definiert und die Werte der anderen Jahre hierauf bezogen, ergibt sich folgendes Bild:
Die mittlere Ausbeute liegt bei ca. 87% entsprechend einer Volllaststundenzahl von ca. 1.780 h/a. In einem sehr windreichen Jahr kann die Erzeugungsmenge sehr viel höher liegen, in windarmen Jahren auch sehr viel niedriger, die Schwankungsbreite liegt bei mindestens +/-15%. Dies ist bei der Dimensionierung des Stromsystems zu berücksichtigen. Auch in zwei windarmen Jahren hintereinander muss noch genug Strom zur Verfügung stehen.
Obige Darstellung erklärt zudem, warum die Windstromeinspeisung 2023 gegenüber 2022 so stark (ca. 18%) zugenommen hat. Nur ca. 4% gehen auf das Konto der größeren installierten Leistung, während rund 14% den günstigeren Windverhältnissen geschuldet sind. In 2024 kann die Windstrommenge also trotz weiterwachsender, installierter Windleistung niedriger ausfallen als in 2023 – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Spotpreise für Strom und die CO2-Emissionen.
Die Schwankungen an einem einzigen Standort und einer einzigen Anlage können naturgemäß noch deutlich größer sein, erst recht, wenn technische Problem oder Abschaltungen des Netzbetreibers hinzukommen. Von erwarteten 4 GWh bei einer Bestandsanlage im Jahr kommen dann vielleicht auch nur 3,4 GWh – oder 4,6 GWh.