Aktuell werden zwei energiepolitische Themen „diskutiert“: Die Schaffung von Gaskraftwerkskapazitäten und der „Realitätscheck“ für den Ausbau der erneuerbaren Energien einschließlich Stromnetzausbau.
Gaskraftwerke
Bereits der Wärmepumpenminister a.D. hatte ein Gesetzespaket zur Förderung von Gaskraftwerkskapazitäten auf den Weg gebracht, die Ampelregierung war aber vor Verabschiedung des Gesetzes zerbrochen. Da die Schaffung der Gaskraftwerkskapazitäten zwar dringlich, aber viel zu spät auf den Weg gebracht worden ist, wurde versucht, das Gesetz noch im alten Bundestag zu verabschieden, was aber nicht gelang.
Die aktuelle Bundesregierung hat nun ein neues Gesetz angekündigt, das aber noch nicht vorliegt, weil es u.a. beihilferechtlich mit der EU abgestimmt werden muss. Es gibt drei wesentliche Unterschiede zu dem alten Gesetzesentwurf:
- Es sollen 20 statt 10 GW Leistung ausgeschrieben werden.
- Zumindest die kurzfristig auszuschreibenden Kapazitäten müssen nicht „wasserstoffready“ sein, d.h. nicht schon beim Bau alternativ Wasserstoff verbrennen können.
- Die ausschließliche Verwendung von Wasserstoff ab 2035 scheint nicht mehr zur Auflage gemacht zu werden.
Hierzu ist festzustellen:
- Die Menge des in diesen Gaskraftwerken erzeugten Stroms hängt nicht von ihrer installierten Kapazität ab, sondern von dem Strombedarf, der durch regenerative Energien nicht gedeckt werden kann. Das ergibt sich zwangsläufig aus der Merit Order, die dazu führt, dass zunächst die erneuerbaren Energien und dann die fossilen Kraftwerke eingesetzt werden. Argumentationen, die in der höheren Kapazität höhere CO2-Emissionen und höheren Gasverbrauch unterstellen, sind somit sachlich falsch und hinfällig.
- Jeder Versuch, den Bedarf an Gaskraftwerkskapazitäten verlässlich bis auch nur 2035 abzuschätzen, ist zum Scheitern verurteilt. Wer sich ernsthaft längere Zeiträume mit derartigen Prognosen beschäftigt hat, weiß das auch. Wird die Kapazität zu hoch angesetzt, kostet es mehr als vielleicht notwendig. Wird die Kapazität hingegen zu niedrig angesetzt, wird es auch nicht gleich zum „Blackout“ kommen, sondern zu extrem hohen Spot- und Strompreisen (Achtung: hier kommen dann wieder die ganz Schlauen, die glauben, dass man durch Umgehung des Spotmarktes solche Auswirkungen vermeiden kann, siehe) und zum Einsatz von Kohlekraftwerken, die doch abgeschaltet werden sollten. Diesen Effekt haben wir ja 2022/23 schon einmal gehabt. Wer zu wenig Gaskraftwerkskapazitäten baut, riskiert somit nicht nur hohe Stromkosten und eine sinkende Akzeptanz der erneuerbaren Energien, sondern auch höhere CO2-Emissionen.
- Der Bau von „Standard“- Gaskraftwerken geht schneller und zuverlässiger, denn wasserstofffähige Kraftwerke sind noch nicht erprobt. „Standard“-Gaskraftwerke können später nachgerüstet werden, was insgesamt allerdings teurer wird. Sollte sich jedoch später herausstellen, dass nicht die gesamten 20 GW langfristig benötigt werden, lassen sich die Umrüstungskosten auch teilweise sparen. Wieviel Erdgas und ab wann Wasserstoff in den Kraftwerken eingesetzt wird, hängt nicht davon ab, ob sie gleich oder erst später „wasserstoffready“ sind, sondern davon, wieviel Wasserstoff dann vorhanden ist. Durch Förderung der Wasserstofferzeugung und/oder Verteuerung des Erdgases (Emissionshandel) muss zudem sichergestellt werden, dass dieser konkurrenzfähig ist. Da EU und der Wärmepumpenminister a.D. den Wasserstoffhochlauf bislang vergeigt haben, ist es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass bis 2035 für den Strommarkt entsprechende Wasserstoffmengen zur Verfügung stehen.
Ausbau Erneuerbare Energien
Das EEG aus dem Jahr 2022 definiert eine Reihe von Zielen, u.a. sollen 2030 600 TWh erneuerbarer Strom erzeugt werden und 80% des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Daraus folgt, dass mit einem Stromverbrauch von 750 TWh gerechnet wird. Schon die Zielformulierung ist dilettantisch, denn welches Ziel gilt nun, 80% oder 600 GWh (politisch, nicht juristisch!)? In der Technik nennt man das eine Doppelpassung, das funktioniert nicht.
Für spätere Jahre gibt es zusätzliche Ziele. Hier gilt erst recht, dass sowieso niemand weiß, was dann ist, weswegen es auch keinen Sinn macht, hierüber zu diskutieren. Da ist zudem noch genug Zeit, Anlagen zu bauen.
Im aktuellen EEG sind 2030 somit 150 TWh Strom aus fossilen Quellen, nehmen wir an aus Erdgas, vorgesehen. Wenn nun der Verbrauch 2030 nur 700 oder gar nur 650 TWh beträgt, würden auch 560 bzw. 520 TWh erneuerbaren Stroms reichen, um die 80% zu erreichen. Die fossile Stromerzeugung länge dann nur bei 140 TWh bzw. 130 TWh, so dass sich weniger und nicht mehr CO2-Emissionen ergeben.
Diese Rechnung gilt aber nur, wenn der geringere Stromverbrauch nicht auf eine verzögerte Dekarbonisierung anderer Sektoren (verzögerter Wärmepumpen- und E-Autoausbau etc.) zurückzuführen ist. Diese Verzögerung ist zwar wahrscheinlich, aber selbst bei 650 TWh Stromverbrauch nicht berücksichtigt. 2024 lag der Stromverbrauch bei rund 520 TWh, da fehlen also noch 130 TWh.
Die Planungen sehen noch ca. 3,3 Mio. zusätzliche Wärmepumpen vor, bei einem Jahresverbrauch von 10.000 kWh sind das 33 TWh. Hinzu sollen weitere 8,5 Mio. elektrische PKW kommen, was bei 3.000 kWh je Fahrzeug knapp 25 TWh bedeutet. Dann solle es noch 10 GW Wasserelektrolyse geben, was ca. 60 TWh Stromverbrauch bedeutet. Bleiben noch 10 TWh für die Industrie – wohlgemerkt bis 650 TWh Stromverbrauch und wenn alle Zubauziele realisiert werden. Bis zu 750 TWh wären es sogar 110 TWh.
Es erschließt sich nicht, woher die 750 TWh kommen, sie sind vollkommen unrealistisch. Sollte an den bisherigen EE-Ausbauzielen festgehalten werden, wird es 2030 zu Abregelungen von EE-Anlagen in unvorstellbarem Ausmaß kommen, zumal der Ausbau in überhöhtem Maß auf der Solarstromerzeugung ruht. Das kostet sehr viel Geld (von dem sowie nicht genug da ist) und hilft dem Klima gar nicht.
Der Rückgang des Stromverbrauchs in Deutschland ist eine Folge der Deindustrialisierung, die wiederum eine Folge der Energiewende ist. Erneuerbare Energien sind nun einmal in Deutschland viel teurer als in anderen Ländern, zumal sie auch noch zusätzlich durch Bürokratie und ausufernde Umweltvorschriften verteuert werden. Der Zoll-Deal mit Trump wird den Stromverbrauch in Deutschland nicht erhöhen.
Die Dekarbonisierung der Industrie scheitert nicht nur an den Kosten, sondern auch an dem von der grünen Ideologie geschaffenen Regelwerk, dass jegliche industriellen und wirtschaftlichen Projekte, somit auch den Umbau der Industrie auf klimaneutrale Prozesse und Technologien, in Deutschland praktisch unmöglich macht. Der Normenkontrollrat hat hierauf kürzlich hingewiesen. Die Behörden sind gar nicht in der Lage, die ganzen Dekarbonisierungsumbauten zu genehmigen. Die Erdgasförderung vor Borkum ist hier nur ein Beispiel. Das Gas würde uns unabhängiger machen und Treibhausgase einsparen, aber die Klageindustrie (DUH etc.) ist dagegen. Die waren auch gegen Diesel-PKW, weshalb jetzt wieder mehr Ottomotoren unterwegs sind, mit entsprechend höheren CO2-Emissionen.
Es zeigt sich einmal mehr, dass nationale Klimaschutzpolitik nicht funktioniert. Die hohen Energiekosten führen dazu, dass die Industrie in Länder abwandert, wo man den Klimaschutz nicht so oder gar nicht ernst nimmt (China, USA). Das, was hierzulande als Klimaschutz verkauft wird, ist in erster Linie Schönfärberei, ohne reale Auswirkungen auf das Klima. Dass die weltweiten THG-Emissionen immer weiter steigen, wird wohl niemand bestreiten wollen.
Deswegen versucht die grüne Ideologie seit einiger Zeit den Menschen einzureden, dass erneuerbare Energien kostengünstiger seien. Derart abstruse Behauptungen werden tatsächlich in gleichem Atemzug mit der Forderung nach weiteren Subventionsmilliarden für den EE-Ausbau genannt, um nichts anderes geht es schließlich in der Diskussion, denn der Bau von EE-Anlagen soll ja nicht verboten werden.
Klimaschutz muss kosteneffizient und wettbewerbsneutral sein, sonst wird das nichts.