Am 5. November ist es so weit: die Amerikaner wählen, einen Präsidenten oder eine Präsidentin, das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu.
Das ist für die ganze Welt ein richtungsweisendes Ereignis, insbesondere auch für die Energiemärkte und den Klimaschutz. Das Wahlergebnis wird nach etlichen Nachzählungen und Gerichtsentscheidungen erst mehrere Tage später feststehen. Der Ausgang ist offen. Wir spekulieren mal, was die Konsequenzen aus den jeweiligen Ergebnissen für die Energiepreise sein können.
Wenn Trump gewinnt
Bereits in der ersten Amtszeit Trumps hatten die USA dem Pariser Klimaschutzabkommen den Rücken gekehrt. Trump hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Klimawandel für „Blödsinn“ hält und Energie billig aus heimischer, fossiler Energie und Kernenergie nutzen will. Auf Bundesebene werden alle Förderungen für regenerative Energie, Energieeffizienz und CCS/CCU verschwinden. Nur Bundesstaaten wie Kalifornien, Privatleute und Unternehmen werden noch Klimaschutzmaßnahmen fördern. Ohne Förderung haben regenerative Energien praktisch keine Chance. Der Anteil an (heimischen) Elektroautos wird zwar zunehmen (Musk bezahlt schließlich dafür in Trumps Wahlkampfkasse), nur sparen die mit fossil erzeugtem Strom eben kein CO2.
Energie wird in den USA weiterhin billiger sein als im Rest der Welt, der Kostenvorteil wird sogar noch zunehmen. In Verbindung mit dem auch von den Demokraten mitgetragenen Bestreben, Industrieproduktion zurück in die USA zu holen, wird die (energieintensive) Industrie aus Deutschland und der EU beschleunigt in die USA abwandern. Es sei denn, die EU ist bereit, ihrerseits die Kosten des Klimaschutzes für die Industrie zu reduzieren.
Dazu müssten sie aber verstehen, dass eine Verteuerung der Energie in der EU keinen Klimaschutz bewirkt, weil die Emissionen ins Ausland abwandern. Die EU hat zwei Möglichkeiten: negative Klimaschutzauswirkungen akzeptieren oder negative Klimaschutzauswirkungen plus wirtschaftlichen Schaden in Kauf nehmen. Die Entscheidung ist offen. Klimaschutz funktioniert nur mit gemeinsamem Handeln aller maßgeblichen Akteure. Machen die USA nicht mit, ist das Bemühen zum Scheitern verurteilt. Ursache ist der Wettbewerb auf den Weltmärkten. Unternehmen kennen das. Da versucht man die Preise zu erhöhen und prompt kommt ein blöder Wettbewerber und zieht nicht mit.
Ein Sieg von Trump bedeutet in dieser Hinsicht tendenziell sinkende Energiepreise, entweder aufgrund eines starken Nachfragerückgangs nach Energie durch rückläufige Industrieproduktion oder, weil die Kosten für Energie z.B. durch einen entschärften Emissionshandel sinken.
Ein Nebeneffekt der Wahl Trumps wäre, dass die Nachfrage nach Windkraftanlagen, Solarmodulen und Batterien bzw. deren Rohstoffen sinkt, was zumindest vorübergehend niedrigere Preise für diese Produkte bedeutet.
Es gibt allerdings kurzfristig einen gegenläufigen Effekt. Bekanntermaßen hat Trump gewisse Erwartungen an die EU hinsichtlich Handelspolitik und an die europäischen Natoländer hinsichtlich ihrer Verteidigungsausgaben. Trump weiß Macht konsequent für seine Zwecke einzusetzen. Bereits in der ersten Amtszeit hat er russisches Erdgas bekämpft. Inzwischen liefern die USA große Teile des europäischen LNG-Bedarfs und sind der größte Player im LNG-Weltmarkt.
Trump muss also nur damit drohen, Exportbeschränkungen für LNG zu verfügen, schon explodieren die Gaspreise in Europa. Zwar wird die EU seinen Forderungen (gesichtswahrend) nachgeben, so dass es gar nicht zu einer Reduzierung der US-LNG-Importe kommt, aber bis die Preise wieder gesunken sind, dauert es. Die US-Gaswirtschaft profitiert. Die Strompreise in Europa steigen mit den Gaspreisen, vielleicht sogar doppelt, denn das potenziell fehlende LNG erfordert mehr Kohleverstromung, was höhere CO2-Emissionen bedeuten und damit höhere CO2-Preise rechtfertigen würde.
Wenn Harris gewählt wird
Sollte Harris gewählt werden, dürfte sich für die Energiepreise in Europa nicht viel ändern. Harris gilt als linksliberal und klimaschutzaffin. Allerdings ticken die Uhren in den USA nun einmal anders als bei uns. An der Öl- und Gasindustrie hängen sehr viele Arbeitsplätze. Unabhängigkeit von Energieimporten hat einen hohen Stellenwert und niedrige Energiepreise sind unverzichtbarer Bestandteil des American-Way-of-Life.
Harris muss im Wahlkampf darauf Rücksicht nehmen und im Falle eines Wahlsiegs zudem mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die republikanische Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus. Vermutlich wird ihre Energie- und Klimaschutzpolitik deswegen der von Biden ähneln.
Einerseits wird weiter Öl und Erdgas gefördert, damit Energie billig bleibt, andererseits werden Klimaschutzmaßnahmen ergriffen, insbesondere der Ausbau der regenerativen Stromerzeugung und die Verbreitung von E-Autos. Der Beitrag von E-Autos zum Klimaschutz bleibt bei dem Strommix mit hohen fossilen Anteilen sehr gering. Eine CO2-Steuer oder ein Emissionshandelssystem wird es nicht geben.
Die gesteckten Klimaziele dürften die USA auch unter Harris weit verfehlen.
Im Fall eines Wahlsiegs von Harris kann es in den USA zu Unruhen und Gewalt kommen. Wie weit das geht und wie lange das anhält, lässt sich nicht abschätzen. Sollte es jedoch zu erheblichen Turbulenzen kommen, könnten andere Mächte die vermeintliche oder tatsächliche Handlungsunfähigkeit der USA handstreichartig ausnutzen. Kandidaten gibt es da genug, sie sitzen in Peking (Taiwan einkassieren), Moskau (Eskalation in der Ukraine), Teheran und Pjöngjang.