Lohnt sich der Industriestrompreis?

Bereits die Ampelregierung hatte über einen Industriestrompreis nachgedacht, daraus wurde aber nichts. Nun hat das BMWE den Entwurf für ein Konzeptpapier vorgelegt. Bis eine finale Fassung – die dann auch von der EU abgesegnet ist – vorliegt, wird es noch etwas dauern, insofern sind alle Überlegungen noch vorläufig. Der Industriestrompreis soll für die Lieferjahre 2026 bis 2028 gelten.

Die gute Nachricht vorweg: Der Kreis der Begünstigten ist sehr viel weiter als bei der Strompreiskompensation. Maßgeblich ist einerseits die KUEBLL-Liste (Anhang 1) andererseits gibt es wohl auch für Unternehmen außerhalb dieser Branchen die Möglichkeit vom Industriestrompreis zu profitieren, sofern sie die Voraussetzungen hinsichtlich der Strom- und Handelsintensität erfüllen, grob: jeweils über 5%. Wer die Strompreiskompensation in Anspruch nehmen kann, soll ein Wahlrecht zwischen dieser und dem Industriestrompreis erhalten; die Kombination ist nicht möglich.

Es hat sich schon bei der Strompreisbremse gezeigt, dass die Erfüllung der Voraussetzungen zur Erlangung der Beihilfe häufig so aufwändig war, dass Unternehmen gleich darauf verzichtet haben. Auch beim Industriestrompreis werden wieder hohe Anforderungen gestellt. Insbesondere für mittelständische Unternehmen, beispielsweise mit einem Jahresstromverbrauch von immerhin 10 GWh, lohnt sich der bürokratische Aufwand möglicherweise nicht. Auch wenn regelmäßig von der Politik das Gegenteil behauptet und gefordert wird, einfach ist der Industriestrompreis nämlich wieder nicht.

Gezahlt wird ein Differenzpreis von 50% des Referenzpreises, aber nur so viel, dass der Preis am Ende bei 5 ct/kWh liegt. Der Referenzpreis soll der Mittelwert der Handelsnotierungen für das Base-Frontjahr sein. Im Klartext: Für 2026 sind ungefähr 8,6 ct/kWh als Referenzpreis zu erwarten. 50% davon wären 4,3 ct/kWh, da der Zielpreis aber 5 ct/kWh ist, beträgt die Beihilfe nur 3,6 ct/kWh. Auf die tatsächlichen Beschaffungskosten kommt es nicht an, Netzentgelt, Umlagen etc. spielen keine Rolle.

Die 3,6 ct/kWh gibt es aber nicht auf den ganzen Stromverbrauch, sondern nur auf die Hälfte. Bei einem Verbrauch von 10 GWh, sind das entsprechend 180 T€ an Förderung. Davon muss wiederum die Hälfte in (vermeintlichen) Klimaschutz investiert werden, also EE-Anlagen, Batterien, Energieeffizienz, Wasserelektrolyse, Elektrifizierung oder Flexibilität. Ob diesen Investitionen ein betriebswirtschaftlicher Wert beigemessen werden kann, ist im Einzelfall zu prüfen. Sollte dies nicht der Fall sein, verbleiben 90 T€ Stromkostenersparnis, denen der bürokratische Aufwand gegenüberzustellen ist.

Für die Folgejahre sind die Terminpreise nach heutigem Stand niedriger, so dass auch der verbleibende Förderbetrag noch niedriger sein kann. Es besteht allerdings die Möglichkeit, die geförderten Strommengen degressiv zu verteilen, also zu Beginn mehr als 50% des Jahresverbrauchs und am Ende weniger, so dass das 50%-Verbrauchskriterium nur summarisch über die drei Jahre einzuhalten ist. Diese Option scheint nicht zuletzt unter Liquiditätsgesichtspunkten von Vorteil. Vermutlich werden im Rahmen der Strompreiskompensation privilegierte Unternehmen eher diese wählen. Der Kreis der Privilegierten soll hier erweitert werden. Mehr als ein Trostpflaster für einige Unternehmen ist das Konzept für den Industriestrompreis nicht, denn ab 2029 werden die Base-Preise immer noch über 5 ct/kWh liegen, angesichts der offenkundig deutlich zusammengestrichenen Gaskraftwerkskapazitäten und drohender Knappheitspreise in größerem Umfang vermutlich sogar noch höher.

  • Know-how
  • News