Der Anfang von Wissenschaft sowie jeder vernünftigen Diskussion ist die Verwendung einer einheitlichen und eindeutigen Sprache mit klar definierten Begriffen. Das Thema Energienutzung bildet hier keine Ausnahme. Leider ist immer wieder ein unsauberer Sprachgebrauch zu beklagen. Die häufigsten Fehler sind im Folgenden zusammengestellt.
Einheiten
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein gab es in Europa und der Welt eine unübersehbare Anzahl von physikalischen Maßeinheiten. Diese Vielfalt erschwerte den Handel und den wissenschaftlichen Austausch, weshalb Bemühungen zur Vereinheitlichung und Standardisierung einsetzten. 1960 wurde dieser Prozess mit der Einführung der SI-Einheiten grundsätzlich abgeschlossen.
Nichtsdestotrotz halten sich in einigen Bereichen und Ländern immer noch abweichende Einheiten wie englische Meilen oder Seemeilen. Für Energie ist die Basiseinheit Joule (J), für Leistung Watt (W). Im Bereich elektrischer Energie und auch beim Erdgas hat sich die Einheit Kilowattstunden (kWh) aus praktischen Gründen durchgesetzt. Daneben gibt es noch die historischen Einheiten SKE (Steinkohleeinheiten) und MTOE (million tons oil-equivalent), im angelsächsischen Raum will man nicht von den British Thermal Units (BTU) lassen und die Autobranche scheint erst im Zuge der Elektrifizierung endlich von den PS herunterzukommen. Alle diese Einheiten sind aber zumindest klar definiert, und leicht ineinander umzurechnen.
Wann immer in den Medien über neue Windparks, Solaranlagen, Batterien, Stromleitungen etc. berichtet wird, werden jedoch weniger die genannten Energieeinheiten benutzt, sondern Formulierungen wie „mit der Strommenge lassen sich 10.000 Haushalte versorgen“ oder abgeschwächt „entspricht der Strommenge von 10.000 Haushalten“. Beides suggeriert, dass die jeweiligen Anlagen tatsächlich zeitgleich den entsprechenden Strom liefern könnten, was keineswegs der Fall ist.
Abgesehen davon, ist nicht klar definiert, was ein Haushaltsstromverbrauch ist. Die Werte, die sich für durchschnittliche Haushaltsstromverbräuche finden, variieren stark und sind zudem im Zuge der Elektrifizierung von Verkehr und Wärme stark ansteigend. Den Vogel abgeschossen hat letztes Jahr „DIE ZEIT“, die den Stromverbrauch pro Kopf (also Stromverbrauch insgesamt dividiert durch Anzahl Einwohner) in einem exponierten Kasten mit 6000 kW angegeben hat. Da stand wirklich kW. Das ist so, als würde man EU und NATO verwechseln.
Die Autoren wollen mit diesem „Vergleich“ dem Publikum ein besseres Verständnis und die Möglichkeit der Einordnung für die Energie- und Leistungsmengen erleichtern, aber das funktioniert so nicht. Die Nutzung von Haushaltsstromverbrauch als physikalische Maßeinheit ist ein Rückschritt ins 19. Jahrhundert. Wenn nur regelmäßig die korrekten Einheiten verwendet werden, bildet sich irgendwann eine Vorstellung von den Größenverhältnissen heraus. Das muss man den Menschen zutrauen, anstatt sie mit Kindergartenvergleichen weiterhin in Unwissenheit zu wiegen.
Mitunter finden sich dann sogar noch Angaben über die eingesparten CO2-Emissionen. Deren Ermittlung ist überhaupt nicht definiert und damit willkürlich. Abgesehen davon wird kaum jemand entsprechende Zahlen einordnen können,
Strom und Energie
Strom ist elektrische Energie und elektrische Energie ist eine von mehreren Energieformen. Strom und Energie ist somit nicht das Gleiche, beide Begriffe als Synonyme zu benutzen schafft sprachliche Unklarheit. Trotzdem werden falsche Begriffe wie Stromspeicher immer wieder verwendet (Batterien speichern elektrochemische Energie), stromintensiv und energieintensiv munter durcheinandergebracht, immer noch von Energieerzeugung und -verbrauch gesprochen, obwohl Physik-Lehrer seit Jahrzehnten verzweifelt versuchen, zu vermitteln, dass das Unsinn ist. Strom kann erzeugt und verbraucht werden, Energie nicht. Inzwischen verwendet selbst die Suchmaschine Google Energie und Strom als Synonyme, so dass sich nicht mehr gezielt suchen lässt.
Den Höhepunkt bilden dann Formulierung wie “Strom, der in einem Stromspeicher erzeugt wird”, (zu finden z.B. im EnFG), was dann gar keinen Sinn ergibt. In einem Energiespeicher hingegen kann Strom (z.B. aus elektrochemischer Energie) erzeugt werden.
Der Begriff Energienutzung ist am besten geeignet, die Gesamtheit der Aktivitäten rund um Energieumwandlungsprozesse, Speicherung etc. zu beschreiben.
Gaskraftwerke
Es sollen Gaskraftwerke gebaut werden, aber was ist hier genau gemeint? Ein Kraftwerk ist eine technische Anlage zur Erzeugung von Strom. Eine Gasturbine ist ein Kraftwerk. Sie heißt Gasturbine, weil sie als Arbeitsmedium ein Gas nutzt, im Gegensatz zur Wasser- oder Dampfturbine. Sie kann grundsätzlich mit allen flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden. Das Präfix Gas bezeichnet nicht den Brennstoff Erdgas.
Wird der Gasturbine noch ein Dampfkraftprozess nachgeschaltet, spricht man von einem GUD-Kraftwerk (Gas und Dampfturbinen-Kraftwerk). Der Wirkungsgrad eines GUD-Kraftwerks ist mit gut 60% mehr als doppelt so hoch wie der einer Gasturbine, die spezifischen CO2-Emissionen entsprechend niedriger, dafür sind die Investitionskosten deutlich höher und die Anlage weniger flexibel. Deswegen hat es beide Kraftwerkstypen immer nebeneinander gegeben.
Was genau gemeint ist, wenn Gaskraftwerkskapazitäten ausgeschrieben werden sollen, wird man erst noch sehen.
Leider haben einige Autoren auch immer noch nicht gelernt, zwischen Flüssiggas und verflüssigtem Erdgas (LNG) zu unterscheiden.
Speicher
Wir brauchen Speicher im Stromsystem. Einerseits müssen kurzfristige Schwankungen ausgeglichen werden, andererseits saisonale Unterschiede. Ersteres wird vorzugsweise mit Batterien gelöst, letzteres erfordert im wesentlichen chemische Energieträger, also Wasserstoff und seine Derivate. Beides sind völlig unterschiedliche Technologien und Einsatzbereiche und sollten deswegen nicht mit dem gleichen Begriff belegt werden. Es sollte vielmehr von Kurzzeit- und Langzeitspeichern gesprochen werden. Kurzzeitspeicher stehen teilweise in Konkurrenz zu Flexibilitäten im Stromverbrauch.
Abhängigkeit
Seit der Gaskrise 2022 wird die Abhängigkeit von Importen, Rohstoffen, Energie etc. wieder in den Blick genommen. Leider wird dabei regelmäßig Import und Abhängigkeit verwechselt. Einige Autoren haben sich sogar dazu verstiegen, Abhängigkeit in Prozent anzugeben.
Abhängigkeit entsteht, wenn keine gleichwertigen Alternativen zur Verfügung stehen. Gleichwertig bedeutet, kurzfristig den gleichen Nutzen zu gleichen Kosten herstellen zu können.
Deutschland war von russischem Erdgas abhängig. Die Umstellung hat unfassbar viel Geld gekostet. Die Ökonomie hat Kriterien und Kennzahlen definiert, mit denen die Abhängigkeit ermittelt werden kann. Marktkonzentration von Ländern und Unternehmen spielen hier eine Rolle. Importe schaffen nicht automatisch Abhängigkeit und sind damit nicht automatisch schlecht.