Terminprodukte für die Strombeschaffung von Unternehmen

Terminprodukte sind ein wesentlicher Bestandteil bei der strukturierten Strombeschaffung von Unternehmen. Ein Termingeschäft ist eine vertragliche Vereinbarung, die mit Wirkung für die Zukunft abgeschlossen wird. Schließt ein Unternehmen mit einem Stromlieferanten heute einen festen Preis für den gesamten Bedarf für das Folgejahr, so ist das ein Termingeschäft. Das Terminprodukt ist durch den Preis, den Lieferzeitraum und den Strombedarf an einer oder mehreren Abnahmestellen definiert. Da Menge und Lieferprofil bei Vertragsabschluss nicht exakt bekannt sind (nur deren Ermittlung), wird von einem offenen Liefervertrag gesprochen.

Ein PPA ist ebenfalls ein Termingeschäft und ein offener Liefervertrag. Menge und Lieferprofil ergeben sich dabei aus der Stromerzeugung der EE-Anlagen (oder Teilen davon). Eine Fahrplanlieferung hingegen ist eine Lieferung mit definierter Menge und definiertem Lieferprofil, allerdings sind sehr viel verschiedene Lieferprofile denkbar, so dass eine Fahrplanlieferung sich nicht zum standardisierten Handel eignet.

Standardterminprodukte

Dafür gibt es Standardterminprodukte mit festen Lieferprofilen und einem Mengenraster. Über das Lieferprofil und den Lieferzeitraum ist die Liefermenge exakt definiert. Es gilt:

Leistung * Lieferstunden = Liefermenge

Handelsgrößen sind Leistungen, meist Vielfache von 1 MW oder 0,1 MW.

Standardlieferprofile sind Base und Peak. Base bedeutet eine Lieferung mit konstanter Leistung im Lieferzeitraum. Peak bedeutet in Deutschland eine Lieferung mit konstanter Leistung jeweils von Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr, auch an Feiertagen. Die Zeiten dazwischen, also auch am Wochenende wird nicht geliefert. Diese Zeiten werden als OffPeak bezeichnet. In anderen Ländern können die Zeiten für Peak abweichen. Im Erdgashandel gibt es nur das Base-Lieferprofil.

Das Peak-Profil ist ein Relikt aus Zeiten, in denen es kaum EE-Stromerzeugung gab. Da gab es Grundlastkraftwerke (Kernenergie und Braunkohle), die rund um die Uhr liefen, und Mittellastkraftwerke (Steinkohle), die werktags von morgens bis abends (Peak-Zeiten) eingesetzt wurden. Bislang haben es die Strombörsen aber nicht geschafft, an die EE-Welt angepasste Lieferprofile zu etablieren.

Übliche Lieferzeiträume sind Jahre, Quartale und Monate, aber auch Wochen und Tage sind möglich. Bei Erdgas gibt es zusätzlich Saisons (Winter/Sommer). Je nach Lage der Kalendertage ergeben sich folgende Lieferstunden für die Produkte:

Handel mit Terminprodukten

Bei den Terminprodukten kann eine physische Erfüllung oder eine finanzielle Erfüllung vereinbart werden. Physische Erfüllung bedeutet, dass der Strom tatsächlich über Bilanzkreise geliefert wird, während bei der finanziellen Erfüllung nur die Kostenunterschiede zum Spotpreis ausgeglichen werden und die Vertragsparteien die physische Lieferung über den Spotmarkt oder anderweitig organisieren.

Bei den German Power Futures der EEX handelt es sich um Produkte mit finanzieller Erfüllung, was Ausdruck der Tatsache ist, dass die Terminbörse einen Fokus auf die Finanzindustrie hat und weniger auf Stromverbraucher und -erzeuger.  Bilateral gehandelte Terminprodukte (OTC=Over the Counter, z.B. über Maklerplattformen) hingegen sind meist physische Terminprodukte.

Der Terminhandel ist an Börsen wie OTC als fortlaufender Handel organisiert (im Gegensatz zum Auktionshandel, der im Spotmarkt dominiert). Händler können in den Handelszeiten ihre Kaufangebote (Bid) und ihre Verkaufsangebote (Ask) in die Orderbücher einstellen. Zwischen beiden liegt der Spread, bis sich zwei „Verhandlungspartner“ aufeinander zu bewegen und zum Ausführungspreis abschließen.

Manche Produkte werden häufig gehandelt, andere weniger bis gar nicht. Häufigstes Produkt ist das Jahresbase für das kommende Jahr (Frontjahr). Peakprodukte werden sehr viel weniger gehandelt. An manchen Tagen wird wenig gehandelt, an anderen sehr viel. Das Ausmaß der Handelsaktivität wird als Liquidität bezeichnet. Am Ende des Tages ermittelt die Börse den Schlusskurs (Settlement-Preis), der häufig als Referenz genutzt wird. Die tatsächlichen Umsätze haben jedoch zu anderen Preisen stattgefunden; bei manchen Produkten hat es gar keine Umsätze gegeben.

Die Zulassung zu einer Strom-Terminbörse ist sehr aufwändig und der Handel dort sehr anspruchsvoll, weshalb nur sehr wenige Industrieunternehmen und nur sehr große Stromlieferanten dort Teilnehmer sind. Die große Masse der Marktakteure handelt bilateral oder über Großhändler. Basis für diese Handelsgeschäfte sind weitgehend standardisierte EFET-Verträge. EFET ist der Verband der europäischen Energiehändler. Verträge mit energieverbrauchenden Unternehmen und kleineren Händlern sind stark vereinfacht.

Margining

Ein Händler, der mit einem anderen Händler (counterpart) ein Termingeschäft abschließt, ist dem Risiko ausgesetzt, dass der Counterpart zahlungsunfähig wird und er die noch nicht erfüllten Terminlieferungen mit Verlust kaufen bzw. verkaufen muss. Die Händler räumen einander insofern mit Abschluss des Geschäftes einen Aval-Kredit ein, d.h. die Bonität des Counterparts spielt eine große Rolle.

Die Höhe des Avals hängt vom Handelsvolumen und der Volatilität der Preise ab, mit anderen Worten von der Frage, wie weit sich die Preise gegenüber dem Vertragspreis nach oben oder unten entwickeln können, bis zum Abschluss der Lieferung. Da gibt es viel Spielraum.

Bei Geschäften über eine Börse ist diese stets der eine Counterpart. Ein Händler kann sicher sein, dass ein Termingeschäft erfüllt wird. Im Gegenzug muss er dort aber sehr strenge Bonitätsanforderungen erfüllen und bei unerwarteten Preisänderungen auch finanzielle Sicherheiten umgehend erhöhen. Das wird als Margining bezeichnet. Gerade diese Notwendigkeit kann auch Unternehmen in Schwierigkeiten bringen, die hochprofitabel sind. Das war 2022 wegen des nie dagewesenen Preisanstiegs im Energiemarkt der Fall.

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