Residualbedarf

Seit Monaten gibt es Diskussionen darüber, ob und wie viel Gaskraftwerkskapazität künftig benötigt wird. Manche Interessenvertreter behaupten, dass nur wenig Gaskraftwerke benötigt werden, weil Speicher (gemeint sind Batteriespeicher, einschließlich Fahrzeugbatterien mit bidirektionalem Laden), Nachfrageflexibilität und die (angeblich steuerbaren) Kapazitäten von Bioenergie und Wasserkraft die Aufgaben der Gaskraftwerke ebenso gut übernehmen könnten.

Um all denjenigen, die sich nicht schon längere Zeit intensiv mit den hochauflösenden Daten des Strommarktes beschäftigen, die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Urteil zu bilden, wird an dieser Stelle künftig wöchentlich der Residualbedarf der vergangenen Woche dargestellt.

Unter Residuallast wird häufig der Strombedarf (ohne Einspeicherung) abzüglich Wind- und Solarstromerzeugung verstanden. Abweichend davon und zweckdienlicher wird hier für die Residuallast der Strombedarf abzüglich der gesamten erneuerbaren Stromerzeugung, also einschließlich Wasserkraft, Biomasse und sonstigen erneuerbaren Energieträgern verwendet. Dieser Residualbedarf ist durch Gaskraftwerke (GUD oder Gasturbine, mit Erdgas oder Wasserstoff betrieben) oder Speicher (Batterien und Pumpspeicher) zu decken. Die Beiträge der Nachfrageflexibilität sowie der Steuerung von Bioenergie und Wasserkraft sind bereits in dem Residualbedarf integriert.

Die Ausgangsdaten finden sich unter smard.de, dem Portal der Bundesnetzagentur für Strommarktdaten. Betrachtet werden hier nur Strommengen mit Bezug zum öffentlichen Netz, Eigenversorgung ist nicht enthalten, hierfür gibt es keine hochauflösenden Daten. Der Stromverbrauch von Pumpspeicherwerken ist abgezogen. Strom für die Einspeicherung und Ausspeicherung in Batterien ist im Residualbedarf integriert, weil hierüber keine separaten Daten verfügbar sind. Die installierte Pumpspeicherleistung beträgt 9,9 GW. Die installierten Batterieleistungen (GW) und -kapazitäten (GWh) sind jeweils aktuell eingetragen, die Daten gibt es im Marktstammdatenregister oder bei battery-charts.de.

Residualbedarf KW 41-2025

In der zunächst betrachteten Kalenderwoche 41 gibt es nur zu Anfang wenige Stunden mit regenerativen Überschüssen. Der gesamte Rest der Woche zeigt ein durchgehendes Defizit von bis zu 52 GW Leistung und über 1.000 GWh/Tag, das nicht durch zeitgleiche EE-Erzegugung (Just-In-Time-Strom) gedeckt ist. Im Wochensaldo werden über 5.000 GWh zusätzlich zu den bereits vorhandenen Speichern benötigt. Vorausgesetzt ist hierbei, dass die Speicher zu Wochenbeginn alle zu 100% gefüllt sind (woher auch immer). 5.000 GWh Speicherkapazität erfordern bei einem Preis von 300 €/kWh für Großspeicher Investitionen von 1,5 Billionen Euro.

Das ist nur eine Momentaufnahme. Es werden noch große Mengen an Wind- und Solarkapazitäten gebaut. Bei der doppelten installierten Leistung, die ungefähr bis 2030 angestrebt wird, läge die EE-Erzeugung um ca. 750 GWh höher.

Allerdings wird auch der Strombedarf noch deutlich steigen und die Verluste beim Ein- und Ausspeichern sind auch nicht berücksichtigt. Bis 2038 sind noch einige Kohlekraftwerke und Teile der bereits installierten Gaskraftwerke verfügbar. Häufig ist zu hören, dass Strom importiert werden kann. Das ist richtig, aber die Spielregeln im europäischen Strommarkt legen klugerweise fest, dass jedes Land selbst über genügend gesicherte Leistung verfügen muss. Die Möglichkeit, diese ungenutzt zu lassen und durch Importe zu ersetzen, besteht ebenso wie die, langfristig gesicherte Leistung im Ausland zu kontrahieren.

Die wöchentliche Auseinandersetzung mit dem Residualbedarf über einen längeren Zeitraum vermittelt das Verständnis, welche Beiträge Batterien und Nachfrageflexibilität leisten können, und welche nicht. Angesichts des massiven Batteriezubaus, der vielen Akteure, die Anreize für Nachfrageflexibilisierung vermitteln, und dem rasanten Ausbau der EE-Stromerzeugung muss der Residualbedarf deutlich sinken.

Wir werden sehen.

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