Obwohl die EEG-Umlage 2022 vom Bund übernommen wurde, sind die Haushaltsstrompreise weiterhin auf Rekordniveau und mit die höchsten in Europa. Das ließe sich ändern.
Die Stromkosten setzen sich aus den Kosten für die Energiebeschaffung, den Kosten für Vertrieb, den Netzentgelten und diversen Umlagen, Abgaben und Steuern zusammen.
Energiebeschaffung und Vertrieb
Referenzgröße für die Kosten im Stromgroßhandel sind die Spotpreise. Langfristig ist die reine Spotbeschaffung am günstigsten, auch wenn immer wieder etwas anderes behauptet wird. Tatsächlich ist die Abrechnung zu Spotpreisen immer noch (dynamische Stromtarife) die absolute Ausnahme, vor einigen Jahren war sie sogar noch verboten (für Haushalte).
Etablierte Stromversorger und Grundversorger beschaffen überwiegend nach wie vor den Strom rollierend in einem drei Jahreszeitraum. Das schafft halbwegs stabile Preise, denn Preisänderungen in einem Stadtwerk führen regelmäßig zu politischen Diskussionen und verursachen viel Aufwand. Befürwortet wird diese Vorgehensweise von Politik, Verbraucherverbänden und Medien.
Alternative Anbieter (gemeinhin wertend als „Billiganbieter“ bezeichnet) hingegen kaufen kurzfristiger ein. Dadurch sind sie meistens und im Mittel billiger, aber manchmal eben auch deutlich teurer. Dann werden sie als Bösewichte hingestellt. Dies war insbesondere 2022 bei massiv steigenden Großhandelspreisen zu beobachten. Es ist wie bei Aktien: jahrelang wird gut verdient, aber wehe es geht mal abwärts, dann sehen sich die Kritiker mal wieder bestätigt: alles Teufelszeug.
Die Konsequenz ist, dass die Grundversorger noch heute auf sehr hohen Beschaffungskosten aus den Vorjahren sitzen, während alternative Anbieter viel günstiger anbieten können. Der Theorie nach müssten jetzt alle Kunden zu diesen Anbietern wechseln. Dass das nicht passiert, lässt zwei Interpretationsmöglichkeiten zu. Entweder der Wettbewerb funktioniert nicht oder es ist vielen Menschen einfach egal, was es kostet, zumindest nehmen sie die „Strapazen“ eines Wechsels nicht auf sich.
Tatsächlich trifft beides zu. Der Wettbewerb im Strommarkt um Haushaltskunden hat nie wirklich funktioniert. Das Bundeskartellamt weist zwar jedes Jahr in einem Monitoringbericht daraufhin, zwischen wie vielen Anbietern Kunden wählen können, aber Anbieterwechsel ist kein Selbstzweck. Funktionierender Wettbewerb muss Kosteneffizienz und Produktinnovationen hervorbringen. Diese Aspekte sind viel schwieriger zu erfassen, in besagtem Monitoringbericht tauchen sie gar nicht auf. Die Tatsache, dass die meisten Energieversorger bis heute ausschließlich Papierrechnungen verschicken, spricht Bände.
Der Aufwand für Energieversorger bei der Abwicklung von Stromlieferungen (Beschaffung, Netzzugang, Abrechnung etc.) ist in den letzten Jahren massiv angestiegen. Hauptursache ist die Flut von Vorschriften und Bürokratie, die EVU besonders hart trifft. Der gesamte Lieferprozess ist sehr komplex geworden, und die Spielregeln werden fortlaufend geändert. Das allermeiste davon kann weg, von der Stromkennzeichnung (§ 42 EnWG) bis zu Vorschriften über die Abrechnung. Stromanbieter werden von Vorschriften geradezu erdrosselt.
Es ist immer wieder halbherzig und mit absurden Mitteln seitens der Politik versucht worden, den Wettbewerb zu beleben. Beispiel ist die Überwachung von Vergleichsportalen durch die Bundesnetzagentur (§ 41c EnWG). In anderen Branchen funktioniert der Wettbewerb auch ohne solche Vorschriften, z.B. bei der Telekommunikation, wo ein Anbieterwechsel deutlich stressiger ist als im Strommarkt.
Wettbewerb sorgt für niedrige Preise, kleinteilige Vorschriften erhöhen sie. Funktionierender Wettbewerb im Haushaltskundenmarkt lässt sich ganz einfach herstellen:
Der Grundversorgungstarif wird als Spotpreistarif mit separat ausgewiesenen Umsetzungsentgelten umgestaltet, Netzentgelte und Abgaben sind durchlaufende Posten. Fast alle anderen Pflichten im Teil 4 des EnWG können weg.
Damit hätte der Großteil der Haushaltskunden Tarife auf Basis langfristig niedrigster Strombeschaffungskosten. Die Ersparnis gegenüber heutigen Kosten liegt in der Größenordnung von mindestens 1 ct/kWh netto, Tendenz steigend. Der Grundversorger hätte nur noch einen Tarif, den er selten anpassen muss, nämlich wenn er die Umsetzungsentgelte ändert. Die Kunden hätten automatisch einen dynamischen Tarif und damit einen Anreiz zur Flexibilität. Der Grundversorger hätte keinen Stress und keine Risiken mehr bei der Strombeschaffung.
Der Vergleich zwischen Stromanbietern wäre einfach und ohne Vergleichsportal möglich, weil es nur noch auf die Umsetzungsentgelte ankommt, Netzgebiete, Lieferzeiträume, Anpassungsklauseln etc. spielen keine Rolle mehr. Für Kunden, die langfristig stabile Preise wollen, werden sich bestimmt auch Anbieter finden. Dann gibt es wenigstens klare Produktdifferenzierungen.
Netzentgelte
Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass durch den Ausbau der Netze die Netzkosten sinken. Die Redispatch-Kosten könnten sinken, dafür steigen aber die Kosten der Infrastruktur. Da die Netzauslastung sinken wird, hilft auch der höhere Stromverbrauch nicht. Der Verzicht auf Erdverkabelung beim Höchstspannungsnetz dämpft nur den Kostenanstieg. Staatliche Subventionen sind keine Dauerlösung.
Die Optimierung der Systemkosten aus Stromerzeugung, Speichern und Netz hingegen ist in Verbindung mit dynamischen Netzentgelten geeignet, die Netzkosten zu begrenzen. Die Beteiligung von Stromerzeugern an den Stromkosten, die sie verursachen, und die Entprivilegierung von PV-Kleinanlagenbetreibern helfen ebenfalls.
Fast 1000 Stromnetzbetreiber sind volkswirtschaftlich ineffizient. Dieses Manko hätte schon vor 20 Jahren angegangen werden müssen. Die Finanzierung des Netzkapitals muss über den Staat in Form von geeigneten Finanzprodukten unter Beteiligung der Bürger erfolgen, das senkt die Kapitalkosten massiv, denn der Staat kann sich das Geld billiger leihen. Der Betrieb der Netze hingegen muss durch private Unternehmen erfolgen, denn die wirtschaften besser. Diese Arbeitsteilung hat sich bei Immobilien bewährt, wo es Eigentümer und Verwalter gibt.
Umlagen, Abgaben und Steuern
Die Senkung der Stromsteuer wird immer noch diskutiert. Die Konzessionsabgabe (in Städten über 500.000 Einwohner immerhin 2,39 ct/kWh netto) ist historisch längst überholt und gehört abgeschafft. Kommunen benötigen Geld für ihre (bürokratisch) wachsenden Aufgaben, aber die Stromversorgung ist sicher die falsche Einnahmequelle.
Die KWK-Umlage ist ebenfalls nicht Sache der Stromverbraucher. Die KWK-Förderung gehört in der jetzigen Form abgeschafft.
Zusammenfassung
Ausgehend von aktuellen, durchschnittlichen Netzentgelten und Großhandelspreisen lassen sich so Strompreise für Haushaltskunden im Mittel über die Netzgebiete von 30 ct/kWh brutto bei 3.000 kWh Jahresverbrauch darstellen. Dabei ist eine Netzkostenreduzierung von nur 2 ct/kWh unterstellt. Das ist ganze ohne Subventionen in kurzer Zeit möglich.