Der künftige Stromerzeugungsmix

Langfristig soll der Strom in Deutschland zu 100% aus regenerativen Quellen stammen. Es gibt ein sehr begrenztes Angebot an Biomasse und Wasserkraft, der ganze Rest soll aus Solarstrom und Windenergie gedeckt werden.

Da Stromverbrauch und Stromerzeugung trotz aller Bemühungen um eine Flexibilisierung des Stromverbrauchs zeitlich nicht zusammenfallen werden, gibt es drei Arten von Strom:

Just-In-time-Strom: Strom, der zeitgleich mit der Erzeugung verbraucht wird

Second-Hand-Strom-Short: Strom, der kurzfristig (maximal wenige Tage) in anderer Energieform zwischengespeichert wurde (i.d.R. elektrochemisch in Batterien)

Second-Hand-Strom-Long: Strom, der langfristig in anderer Energieform zwischengespeichert wurde (i.d.R. als chemische Energie, also Wasserstoff und seinen Derivaten).

Energiespeicherbedarf 2030

Die Frage ist, wie der Mix aus PV und Wind künftig aussehen soll. Dabei spielen nicht nur die Mengenanteile eine Rolle, sondern auch die Frage der Dimensionierung. So führt eine höhere Dimensionierung von Windenergie zu geringerem Bedarf an Second-Hand-Strom, im Gegenzug kommt es aber zu umfangreicheren Anlagenabregelungen.

Der Plan der Ampelregierung

Die Ampelregierung hatte konkrete Vorstellungen, die sich im EEG und anderen Dokumenten offenbaren. Hierin sind PV- und Windstromkapazitäten dezidiert festgeschrieben. Die Anteile von Second-Hand-Strom Short und Long ergeben sich daraus. Der Plan bezog sich nicht nur auf das Zielszenario, sondern auch auf den Weg dahin.

Die geplante Mengenaufteilung im EEG erscheint zunächst willkürlich. Tatsächlich ließe sich diese Aufteilung auch anders vornehmen. Die Urheber des alten Regierungskonzeptes haben sich vom Gedanken der Energieeffizienz leiten lassen. Bei der Speicherung in Batterien gehen ca. 10-20% des ursprünglichen Stroms verloren. Bei Wasserstoff sind die Verluste höher, wieviel hängt davon ab, welche Abwärmenutzung und welche Technologien angesetzt werden.

Deswegen wurde versucht, den Anteil an Second-Hand-Strom Long in der ersten Dekade (2025 bis 2035) zu minimieren. Es wurde sehr viel Solarenergie vorgesehen, so dass im Sommer praktisch kein Second-Hand-Strom Long im Energiemarkt benötigt wird. Erst sollen nur Batterien eingesetzt werden, Wasserstoff hingegen erst ab 2035.

Der große Vorteil regenerativer Energien ist, dass sie in unerschöpflichem Umfang vorhanden sind. Für Geld gilt das nicht. Die Zielfunktion einer Optimierung sind somit die Systemkosten (einschließlich Netz und Anlagen zur Energienutzung), während die Energieeffizienz hierin nur eine von mehreren Variablen ist.

Es gibt keinen Hinweis, dass das von der Ampelregierung präferierte Layout kosteneffizient ist; die Frage scheint nicht einmal aufgeworfen worden zu sein. Es ist auch viel schwieriger, Kosten über so lange Zeiträume zu berechnen. Je nach Annahmen kommt das eine oder das andere heraus.

Alternativen

Es gibt Anzeichen dafür, dass mehr Windstrom im Stromnetz zu niedrigeren Systemkosten führt, insbesondere, wenn die Wärmepumpe nicht als alleinige Heiztechnologie akzeptiert wird, sondern auch Wasserstoff in Brennstoffzellen, dezentralen KWK-Anlagen oder schlicht in Heizkesseln zugelassen wird.

Die Solarenergie in Deutschland fällt schwerpunktmäßig im Sommer an, im Winter beträgt die Stromerzeugung nur Bruchteile der sommerlichen. Beim Strombedarf ist es umgekehrt, der ist im Winter deutlich höher als im Sommer wegen des Beleuchtungs- und Heizstrombedarfs, wobei letzterer drastisch zunehmen soll. Damit ergibt sich ein erheblicher Bedarf an Second-Hand-Strom-Long im Winter. Es bietet sich an, die jetzt schon vorhandenen Stromüberschüsse zur Wasserelektrolyse zu nutzen, um den Wasserstoffhochlauf endlich zu bewerkstelligen, anstatt in großem Stil in Batterien mit Einsatz knapper Rohstoffe aus China zu investieren.

Abgesehen davon ist Solarenergie nirgends so teuer wie in Deutschland. Das liegt zum einen an der geringen Globalstrahlung und zum anderen daran, dass hier auf Klein- und Kleinstanlagen („Balkonkraftwerke“) gesetzt wird, was einerseits spezifische höhere Erzeugungskosten bedingt und andererseits zusätzliche Netzkosten verursacht und nicht, wie jahrelang behauptet, niedrigere Netzkosten.

Wer nur die Stromgestehungskosten von PV und Windenergie vergleicht, macht den sprichwörtlichen Apfel-Birnen-Vergleich. Die Stromgestehungskosten von Freiflächen-PV-Anlagen sind zwar niedriger als von Onshore-Windkraftanlagen, dafür muss aber ein großer Teil des Stroms als Second-Hand-Strom-Long genutzt werden.

Damit fallen Kosten für den zusätzlichen Strom zum Ausgleich der Energieverluste, Kosten für die Elektrolyse, die Rückverstromung (wasserstofffähige Gaskraftwerke), Netzkosten und – im Fall von Heizwärmenutzung – für teure Wärmepumpen an. Ausdruck findet dieser Unterschied auch in den Werten der PV- und Windstromerzeugung am Spotmarkt. Während Onshore-Windkraft einen Profilfaktor über 0,8 aufweist, sind es für PV-Strom inzwischen nicht einmal mehr 0,5.

Die Stromgestehungskosten für eine Freiflächen-PV-Anlage mögen bei 5 ct/kWh liegen, die für Onshore-Windkraft bei 7 ct/kWh. Auf den ersten Blick ist somit PV-Strom billiger, schließlich ist 5 kleiner als 7. Bei einem Jahresbasepreis von 9 ct/kWh liegt der Marktwert von Wind bei 9 ct/kWh * 0,8 = 7,2 ct/kWh, der von Solarstrom hingegen bei 9 ct/kWh * 0,5 = 4,5 ct/kWh. Windstrom benötigt somit keine Subventionierung, Freiflächen-PV-Strom hingegen 1,5 ct/kWh. Das sind natürlich nur Beispiele.

Optimaler Stromerzeugungsmix

Nach grüner Ideologie legt der Staat die Technologien, Energieträger und deren Anteile fest. Tatsächlich ist die einzige Möglichkeit, sich dem kostenoptimalen Mix aus Energieträgern und Technologien anzunähern, jedoch die Nutzung des Marktmechanismus. Denn der Markt hat in allen Produkt- und Dienstleistungsbereichen über lange Zeiträume und alle Länder bewiesen, dass er die nachgefragten Produkte kostenminimal, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge und am richtigen Ort bereitstellen kann.

Der Strommarkt kann dies derzeit nicht, weil er von endlosen, massiven politischen Eingriffen geprägt ist. Es ist notwendig, dass die Politik sich neutral verhält. Das bedeutet

  1. alle nicht marktbasierten Subventionen (EEG etc.) zu beenden,
  2. alle nicht CO2-basierten Steuern und Abgaben zu streichen,
  3. kostenorientierte, d.h. dynamische Netzentgelte umgehend einzuführen,
  4. die Behinderung des Wasserstoffhochlaufs (absurde Definition für grünen Wasserstoff, Gasleitungsrückbau etc.) zu beenden.

Eine Förderung regenerativer Energien ist sehr wohl weiterhin notwendig und möglich, nur eben technologieneutral. Solarenergie ist weiterhin sinnvoll und notwendig, aber nicht zur Einspeisung ins Stromnetz, sondern zur Erzeugung von Wasserstoff.

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