Die Energie- und Klimapolitik waren beherrschende Themen der Koalition und Grund für permanenten Dissens. Einerseits sind durch das vorzeitige Ende der Koalition eine Reihe von dringenden Vorhaben bislang unerledigt, andererseits könnte die nächste Regierung die Weichen wieder ganz anders stellen. Damit steht die Energiebranche mal wieder da, wo sie meistens steht: vor Unsicherheit über den künftigen Rechtsrahmen. Das ist auf jeden Fall schlecht.
Die CDU-/CSU-Fraktion hat kürzlich in der „Neue Energie-Agenda für Deutschland“ ihre Positionen zur Energiepolitik veröffentlicht. Daraus lassen sich mögliche Gemeinsamkeiten mit anderen Parteien ableiten.
Strommarktreform
Vor jedem Spiel sollten die Regeln klar sein und während des Spiels Bestand haben. Insofern hätten die Strommarktreform ebenso wie eine Netzentgeltreform und eine Reform der Energiesteuern, -abgaben und -umlagen zu Beginn der Ampel-Regierungszeit erfolgen müssen, dann hätten sich alle Akteure darauf einstellen können.
Jetzt wird die Strommarktreform erst in der neuen Legislaturperiode kommen. Fest steht, dass es weiterhin nur eine Strompreiszone geben wird, da sind sich alle einig.
Den Kapazitätsmarkt möchte die Union umfassender, marktgerechter und einfacher gestalten als es das aktuelle Optionenpapier vorsieht. Zusätzlich möchte die Union das Wiederanfahren der Kernkraftwerke prüfen (was den Bedarf an Kapazitäten ändert) und am Kohleausstieg bis 2038 festhalten, solange nicht ausreichende Ersatzkapazitäten zur Verfügung stehen.
Die ebenfalls unter die Strommarktreform fallende Förderung von erneuerbaren Energien möchte die Union ebenfalls marktgerechter ausgestalten – was auch immer das heißen mag – und irgendwann auslaufen lassen. Da die Union an dem Ziel der Klimaneutralität bis 2045 festhalten will, besteht Hoffnung, dass aus den vielen Genehmigungen von Windkraftprojekten auch echte Anlagen werden. Die Union meint zudem zusätzliche Potenziale bei Wasserkraft, Biomasse und Geothermie ausgemacht zu haben. PPA sollen gefördert werden, wie bleibt unklar. Bei negativen Spotpreisen soll es keine EEG-Vergütung geben.
Netzentgelte
Eine grundlegende Netzentgeltreform, die oberste Priorität haben müsste, sieht auch die Union nicht vor. Aktuell ist hierfür die Bundesnetzagentur zuständig. Die Union möchte die Befugnisse der Bundesnetzagentur beschneiden und Netzentgeltstrukturen wieder von der Politik vorgeben. Tatsächlich verfügt die Bundesnetzagentur über eine enorme Macht, was mit dem Demokratiegedanken nur schwer vereinbar ist. Zwar ist die Idee, dass Fachleute die Netzentgeltstrukturen nach energiewirtschaftlichen Kriterien losgelöst von politischem Klimbim festlegen, gut, aber eine Behörde, die von einem Parteipolitiker wie aktuell geführt wird, garantiert das auch nicht.
Die Union möchte die Privilegien der stromintensiven Industrie erhalten. Das hat mit Kostenverursachungsgerechtigkeit und -effizienz nichts zu tun und ist europarechtlich zweifelhaft.
Einigkeit scheint inzwischen darin zu bestehen, das Übertragungsnetze nicht in die Erde gehören. Den Irrsinn hatte die Union ausgeheckt. Für Süd- und Südostlink kommt diese Einsicht zu spät. Die 16 Mrd. Euro Mehrkosten sind jetzt da.
Steuern, Abgaben, Umlagen
Die Bundesregierung hatte gerade das Gesetz zur Umsetzung des EU-ETS2, des europäischen Emissionshandelssystems für Gebäude und Verkehr, auf den Weg gebracht. Das steckt jetzt zwischen Baum und Borke fest, was auch besser so ist. Die Regierung wollte für ein einziges Übergangsjahr einen nationalen Emissionshandel vorschreiben. Was jetzt kommt, ist unklar. Die Union sieht den Emissionshandel als Königsweg zur Dekarbonisierung. Da der Emissionshandel aber ein europäisches Thema ist, bleibt unklar, was passieren soll und wird. Es sollen weitere Länder für den Emissionshandel begeistert werden. Die diesbezüglichen Gespräche mit Trump und Putin werden bestimmt lustig.
Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag ein Klimageld für die Bürger versprochen. Daraus wurde bislang nichts. Die Union möchte die Einnahmen aus dem CO2-Handel bzw. der CO2-Bepreisung zur Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte verwenden. So weit reicht das Geld nicht. Die Subventionierung der Netzentgelte hat mit Markt und Kosteneffizienz nichts zu tun. Ansätze, die Netzkosten zu reduzieren gibt es nicht, im Gegenteil, Eigenkapitalzinsen werden nicht angetastet. Bei den staatlich subventionierten Netzentgelten gibt es eine Schnittmenge mit der SPD, wenn denn nur irgendwo Geld gefunden wird.
Wasserstoff
Der Wärmepumpenminister hatte selbst zuletzt erkannt, dass seine enge Definition von klimaneutralem Wasserstoff dessen Hochlauf blockierte. Die Union will zumindest für den Übergang auch blauen und türkisen Wasserstoff sowie mit Strom aus Kernkraftwerken (im Ausland) erzeugten Wasserstoff zulassen, Importquellen diversifizieren und europäisieren (z.B. per Pipeline von der iberischen Halbinsel). Einen schnellstmöglichen Rückbau der Gasnetze soll es mit der Union nicht geben, stattdessen sollen die Netze für Wasserstoff und Biogase genutzt werden. Das Wasserstoffkernnetz soll Süddeutschland vollständig anschließen.
Sonstiges
CCS und CCU werden von der Union als Baustein für die Dekarbonisierung angesehen, das galt für die Ampelkoalition grundsätzlich auch. Knackpunkt ist, dass die Länder hier zuständig sind und Niedersachsen als Schlüsselland Rot-Grün regiert wird.
Das Heizungsgesetz will die Union zurücknehmen. Die Ankündigung dürfte reichen, die Aktivitäten in dem Bereich weitgehend in den Abwartemodus zu versetzen. Es sollen Technologieoffenheit und Sozialverträglichkeit im Wärmemarkt gelten. Das Instrument, das den Umstieg bei Heizungsanlagen auf klimaneutrale Lösungen bewirken soll, ist aus Unionssicht der Emissionshandel (EU-ETS2). Ob das reicht, ist zumindest fraglich. Bei Förderungen soll die CO2-Bilanz (einschließlich vorgelagerter Emissionen z.B. bei der Herstellung) das Kriterium sein.
Verwunderlich ist, dass die Union jetzt den „Smart-Meter-Turbo“ zünden will, schließlich hat sie das Thema jahrelang verschleppt und am Ende unfassbar kompliziert gemacht. Richtig wäre im Übrigen, eine Beschränkung oder zumindest Priorisierung auf Haushalte mit steuerbaren Einrichtungen, also elektrischen Heizungen bzw. Klimaanlagen, E-Autos oder Batterien (mit PV-Anlagen). Das Steuerungspotenzial normaler Haushalte wird generell maßlos überschätzt, da ergibt ein Smart-Meter ökonomisch keinen Sinn.
Carbon Contracts for Difference (CFD) werden von der Union zwar nicht explizit abgelehnt, allerdings will sie die Rahmenbedingungen für alle Unternehmen verbessern (wie auch immer), anstatt „Subventionsbescheide“ für einzelne Unternehmen auszustellen.
Bidirektionales Laden von E-Autos will die Union ermöglichen. Im deutschen Energierecht wird das richtig kompliziert.