Zwei Sekundärenergieträger werden die künftige Energiewelt dominieren: Strom und Wasserstoff. Beide Energieträger haben ihre Stärken und Schwächen. Damit ist für vernünftige Menschen klar: es wird beides nebeneinander geben. Außerhalb der EU werden beide Technologien entspannt gesehen. In Deutschland und Europa hingegen ist die Frage, “was besser ist”, zum Gegenstand ideologischer Glaubenskämpfe geworden.
Anstatt der technischen Entwicklung ihren Lauf zu lassen und Gesetze und Fördermechanismen technologieneutral zu gestalten (oder wie es der Wärmepumpenminister ausdrücken würde, „ein Level-Playing-Field zu schaffen“), haben sich bestimmte Parteien und ihre Fürsprecher dogmatisch klar positioniert: Strom ist das Maß aller Dinge, Wasserstoff wird nur zugelassen, wo er als chemischer Stoff nicht zu ersetzen ist, und in geringem Umfang in zentralen Großkraftwerken, aber erst in vielen Jahren.
Als Argumente gegen die Nutzung von Wasserstoff im Wärmemarkt, in PKW oder zur dezentralen Stromerzeugung werden genannt:
- Grüner Wasserstoff sei nicht ausreichend verfügbar.
- Grüner Wasserstoff sei energetisch ineffizient.
In jedem Papier des BMWK zum Thema Wasserstoff wird das betont. Dementsprechend werden Wärmepumpen massiv gefördert, Brennstoffzellen hingegen gar nicht. Den Ausbau von Stromnetzen müssen alle Stromverbraucher bezahlen (nach dem Willen des Wärmepumpenministers vor allem die kommenden Generationen); Ladesäulen werden subventioniert. Ein Netz aus Wasserstofftankstellen für PKW ist gar nicht vorgesehen, genau so wenig ein Verteilnetz für Wasserstoff; nur ein Kernnetz für die Großindustrie ist bis 2037 geplant. Die Verteilnetze für Erdgas, die in großen Teilen für Wasserstoff nutzbar wären, sollen schnellstmöglich zurückgebaut werden.
Bemerkenswert sind in dem Zusammenhang, die gesetzlichen Festlegungen, was denn „grün“ bzw. CO2-neutral ist und was nicht. Strom, mit dem Batterieautos geladen werden, stammt zu 100% aus regenerativer Energie, weshalb damit keinerlei CO2-Emissionen verbunden sind, hat die EU so festgelegt. Strom für Wärmepumpen stammt zu 65% aus regenerativer Energie, so steht es im Gebäudeenergiegesetz. Beides ist realitätsfremd. Wer hingegen Strom zur Wasserelektrolyse dem Stromnetz entnimmt, erhält keineswegs grünen Wasserstoff, nicht einmal anteilig. Wasserstoff ist nur grün, wenn nachgewiesen wird, dass der Strom zu 100% zeitgleich in neuen, regenerativen Stromerzeugungsanlagen erzeugt wird und hierüber ein Vertrag besteht.
Es ist also eine Frage der Definition, welche CO2-Emissionen mit der Stromnutzung verbunden sind. Das erinnert an den Mathematiker, der die Aufgabe, ein paar Schafe einzuzäunen dadurch löst, dass er sich in den Zaun wickelt und selbst als draußen definiert. Die Definitionshoheit liegt beim allwissenden Staat, der papstgleich nie irrt.
Die Konsequenz dieser Politik ist zum einen, dass es viel zu wenig „grünen“ Wasserstoff gibt und dieser sehr teuer ist, und zum anderen, dass die Menschen weiterhin größtenteils Autos mit Verbrennungsmotoren kaufen. Hinzu kommt steigende regenerative Stromerzeugung, die abgeregelt werden muss, was Klima und Bundeshaushalt gleichermaßen schadet.
Kommen wir nun zu den „Argumenten“ gegen die verstärkte Nutzung von Wasserstoff.
Zu 1.: Natürlich ist der grüne Wasserstoff derzeit nicht ausreichend verfügbar, Stromnetze, Ladestationen, Wärmepumpen, Batterieautos. Lithium und regenerativer Strom aber auch nicht. Verfügbar ist nur, was produziert wird. Produziert wird nur, was die gleiche Förderung erhält, wie andere Technologien und nicht vorsätzlich behindert wird. Investiert wird nur bei verlässlichen Rahmenbedingungen.
Zu 2.: Energieeffizienz spielt eine untergeordnete Rolle, weil regenerative Energie weltweit im Überfluss vorhanden ist. Energieeffizienz ist vielmehr eine Folge von Kosteneffizienz. Die kosteneffizientesten Technologien sollten genutzt werden, denn Geld ist nie im Überfluss vorhanden. Das sollte auch der Wärmepumpenminister inzwischen gelernt haben.
Die Frage der Kosteneffizienz bezieht sich auf die Gesamtkosten, einschließlich Kosten der Netze und der Anwendungstechnologie (Autos, Wärmepumpen, Brennstoffzellen etc.). Eine solche Betrachtung ist noch nie angestellt worden, stattdessen werden Stromnetzentgelte regelmäßig außen vorgelassen. Tatsächlich steigen sie rasant. Die mit Abstand teuerste Art, Energie zu transportieren, ist in Form von Strom. Das sollte jedem bekannt sein. Ansonsten hilft ein Blick auf Strom- und Gasrechnung, da stehen die jeweiligen Netzentgelte. Im übrigen hat sich noch nie jemand über den Bau einer Gas(Wasserstoff)leitung beschwert, weshalb das sehr schnellt geht. Bei Stromleitungen…
Bei der Ermittlung der Energieeffizienz wird dann regelmäßig geschummelt. Die Energie zur Herstellung von Batterien wird einfach weggelassen, ebenso die Netz- und Ladeverluste, die Stromverbräuche der Autos werden zu niedrig angesetzt, bei Wärmepumpen werden zu hohe Jahresnutzungszahlen verwendet. Bei Wasserstoff hingegen wird die Gewinnung im Ausland, der Transport als Derivat (z.B. Ammoniak) und keine Wärmenutzung unterstellt. Da bleibt dann tatsächlich nicht viel übrig. Wird der Wasserstoff hingegen im Inland erzeugt (eventuell sogar mit Nutzung der Abwärme bei der Elektrolyse), über (bestehende) Netze transportiert und in Brennstoffzellen in Kraft-Wärme-Kopplung (seit Jahren ausgereift und verfügbar) genutzt, sieht die Bilanz vollkommen anders aus.
Wärmepumpen und Brennstoffzellen, Batterieautos und Brennstoffzellenautos werden ebenso nebeneinander Bestand haben, wie bislang Otto- und Dieselmotoren, Öl-, Gas- und andere Heizungen nebeneinander Bestand hatten. Erst im Zusammenspiel der Technologien ergibt sich das Optimum des Gesamtsystems. Eine Brennstoffzellenheizung produziert genau den Strom, den die benachbarte Wärmepumpe benötigt.
Im Moment ist eher zu befürchten, dass Solarmodule, Batterien und Batterieautos aus China kommen werden, Brennstoffzellen(autos) und Wärmepumpen aus asiatischen Ländern und die deutsche Autoindustrie, die sich gesammelt dem Brennstoffzellenauto verweigert hat (BMW ist inzwischen etwas abgerückt), gar nichts mehr produziert. Das senkt dann zumindest national die CO2-Emissionen, nur weltweit eben nicht. Ach ja, das Geld wird dann auch noch knapper. Und die Stimmen bei der nächsten Wahl.